Die 70. Histori sagt, wie Ulenspiegel zu Bremen Milch koufft von den Landfrauwen und sie zusamenschütet.

[202] Seltzame unnd lächerlich Ding treib Ulenspiegel zu Bremen. Wan einsmals kam Ulenspiegel daselbest uff den Marckt unnd sah, das die Bürin vil Milch zu Merckt brachten. So wart er eins daruff uff einen Merckttag, da kam vil Milch. Da uberkam er ein groß Büten und setzt sie uff den Merckt und koufft alle die Milch, die dar uff den Marck kam, und ließ sie alle in die Büdt schütten und schreib ein jetliche Frauw uff, zu Ring har, die ein so vil, die ander so vil[203] und also füruß, und sagt zu den Frawen, das sie beiten so lang, das er die Milch beieinander hät, so wolt er einer jeglichen Frowen ihr Milch bezalen. Die Frawen sassen da uff dem Marckt in einen Ring har, und Ulenspiegel koufft der Milch so vil, das da kein Fraw mer mit Milch kam, unnd der Zuber was auch bei vol. Da kam Ulenspiegel und macht ein Schimpff und sagt: »Ich hab uff diß Mal kein Gelt. Welch nit beiten wil 14 Tag, die mag ihr Milch wider uß der Butten nemen«, und gieng damit hinweg. Die Bürin machten ein Geröhel unnd ein Rumor. Ein, die het so vil gehebt, die ander so vil, die drit desgleichen unnd so füran, so daz sich die Frawen darüber mit denn Eimern, Logelen unnd Fleschen zu den Köpffen wurffen und schlugen und gossen sich mit der Milch in die Ougen, in die Kleider und uff die Erden geschüttet, so das es eben da gestalt war, als hät es Milch gereget. Die Burger und alle, die das sahen, die lachten der Gemligkeit, das die Frawen also zu Merckt giengen. Und Ulenspiegel ward ser gelobt in seiner Schalckheit.

Quelle:
Ein kurtzweilig Lesen von Dil Ulenspiegel. Stuttgart 1978, S. 202-204.
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