13. Beschreibung unsers Guts Dreyschlatt

[91] Dreyschlatt ist ein wildes einödes Ort, zuhinderst an den Alpen Schwämle, Creutzegg und Aueralp; vorzeiten war's eine Sennwaid. Hier giebt's immer kurzen Sommer und langen Winter; während letzterm meist ungeheuern Schnee, der oft noch im May ein Paar Klafter tief liegt. Einst mußten wir noch am H. Pfingstabend einer neuangelangten Kuh, mit der Schaufel zum Haus pfaden. In den kürzsten Tagen hatten wir die Sonn nur 5. Viertelstunden. Dort entsteht unser Rotenbach, der dem Fäsi in seiner Erdbeschreibung, und dem Walser in seiner Kart entwischte; ungeachtet er zweymal grösser als der Schwendi- oder Lederbach ist, der viele Mühlen, Sagen, Walken, Stampfen und Pulvermühlen treibt. Doch beym Dreyschlatt da hat es das[91] herrlichste Quellwasser; und wir in unserm Haus und Scheur aneinander hatten einen Brunnen, der nie gefror, unterm Dach, so daß das Vieh den ganzen Winter über nie den Himmel sah. – Wenn's im Dreyschlatt stürmt, so stürmt's dann recht. Wir hatten eine gute, nicht gähe Wiese, von 40–50. Klafter Heu, und eine grasreiche Waide. Auf der Sommerseite im Altischweil ist's schon früher, aber auch gäher und räucher. Holz und Stroh giebt's genug. Hinterm Haus ist ein Sonnenrain, wo's den Schnee wegbläst, der hingegen an einem Schattenrain vor dem Haus im Frühjahr oft noch liegen bleibt, wenn's an jenem schon Gras und Schmalzblumen hat. Am frühsten und am späthsten Ort auf dem Gut trift's wohl 4. Wochen an.

Quelle:
Leben und Schriften Ulrich Bräkers, des Armen Mannes im Tockenburg. Bd. 1–3, Band 1, Basel 1945, S. 91-92.
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