65. Wieder drey Jahre
(1763.–1765.)

[248] Die Flitterwochen meines Ehestands waren nun längstens vorbey, obgleich ich eben wenig von ihrem Honig zu sagen weiß. Mein Weib wollte immer gar zu scharfe Mannszucht halten; und wo viel Gebote sind, da giebt's auch mehr Uebertretung. Wenn ich nur ein Bischen ausschweifte, so waren alle T.. los. Das machte mich dann bitter und launigt, und verführte mich zu allerley eiteln Projekten. Mein Handel gieng inzwischen bald gut, bald schlecht. Bald kam mir ein Nachbar in die Quere, und verstümmelte mir meinen schönen Gewerb; bald betrogen mich arge Buben um Baumwolle und Geld, denn ich war gar zu leichtgläubig. Ich hatte mir eines der herrlichsten Luftschlösser gemacht, meine Schulden in wenig Jahren zu tilgen; aber die Ausgaben mehrten sich auch von Jahr zu Jahre. Im Winter 63. gebar mir meine Frau eine Tochter, und Ao. 65. noch eine. Ich bekam wieder das Heimweh nach Geißen; auf der Stelle mußten deren etliche herbeygeschaft seyn. Die Milch stuhnd mir und meinen drey Jungens treflich an; aber die Thiere gaben mir viel zu schaffen. Andremal hielt ich eine Kuh; oft gar zwey und drey. Ich pflanzte Erdapfel und Gemüse, und probirte alles, wie ich am leichtesten zurechtkommen möchte. Aber ich blieb immer so auf auf dem alten Fleck stehn, ohne weit vor – doch auch nicht hinterwerts zu rücken.[248]

Quelle:
Leben und Schriften Ulrich Bräkers, des Armen Mannes im Tockenburg. Bd. 1–3, Band 1, Basel 1945, S. 248-249.
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