9. Abänderungen

[85] Er merkte endlich, daß so die Wirthschaft nicht gehen könne. Er änderte sie also; und gab nämlich das Salpetersieden auf, blieb daheim, führte das Gesind selber zur Arbeit an, und war allenthalben der erste. Ich weiß nicht ob er auf einmal gar zu streng angefangen, oder ob Knecht und Magd, wie oben gesagt, sonst zu meisterlos geworden; kurz, sie jahrten aus, und liefen davon. Um die gleiche Zeit wurde der Großäti krank. Erst stach er sich nur an einem Dorn in den Daumen; der wurde geschwollen. Er band frischwarmen Kühmist drauf; da schwoll die ganze Hand. Er empfand entsetzliche Hitz' darinn, gieng zum Brunnen, und wusch den Mist unter der Röhre wieder ab. Aber das hatte nun gar böse Folgen. Er mußte sich bald zu Beth legen, und bekam die Wassersucht. Er ließ sich abzäpfen; das Wasser rann in den Keller hinab. Nachdem er so 5. Monathe gelegen, starb er zum Leidwesen des ganzen Hauses; denn alle liebten ihn, vom Kleinsten bis zum Größten. Er war ein angenehmer, Freud' und Friede liebender Mann. Er hatte an meinem Vater und mir ungemein viel gethan; und ich habe nie von keinem Menschen etwas Böses über ihn sagen gehört. Mein Vater und Mutter erzählten noch viele Jahre allerhand Löbliches und Schönes von ihm. Als ich ein wenig zum Verstand kam, erinnerte ich mich seiner erst recht, und verehrt' ihn[85] im Staub und Moder. Er liegt im Kirchhof zu Krynau begraben.

Quelle:
Leben und Schriften Ulrich Bräkers, des Armen Mannes im Tockenburg. Bd. 1–3, Band 1, Basel 1945, S. 85-86.
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