[58.]

[142] Wer leschen will eyns andern für

Vnd brennen loßt syn eygen schür

Der ist gůt vff der narren lür


58. Syn selbs vergessen

Syn selbs vergessen

Wer groß arbeyt vnd vngemach

Hat / wie er fürdere frömbde sach

Vnd wie eyns andern nutz er schaff

Der ist me dann eyn ander aff

So er nit jnn sinr eygnen sach

Lůgt das er flissig sy vnd wach

Der narren büchlin billich lysßt

Wer wis ist / vnd syn selbs vergißt[143]

Dann der geordente lieb will han

Der soll an jm selbst vohen an

Als ouch Terencius vermant

Ich bin mir aller nähst verwant

Eyn yeder lůg vor syner schantz

Ee er sorg / wie eyn ander dantz

Der will verderben ee dann zytt

Der jm nit segt / vnd andern schnyt

Vnd wer eyns andern kleydt mit flisß

Süfert / vnd er das syn beschisß

Wer leschen will eyns andern huß

So jm die flām schleht oben vß

Vnd brennt das syn jn alle macht

Der hat vff syn nutz wenig acht

Wer fürdern will eyns andern karr

Vnd hyndern sich / der ist eyn narr

Wer sich mit frömbder sach belad

Vnd selbst versumbt / der hab den schad

Wer sich des vber reden latt

Dar vß jm spott vnd schad entstat

Der mag die leng sich nit erwören

Der narr erwysch jn by dem gören

Mach wißheyt jnn mit schaden leren

Dem lydt syn dott am hertsten an

Den sunst erkennet yederman

Vnd er styrbt / vnd syn leben endt

Das er sich selbst nit hatt erkent


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 142-144.
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