[90.]

[235] Ere vatter vnd můtter allzyt

Do mit dir gott lang leben gytt

Vnd würdst gesetzt jn schanden nytt


90. Ere vatter vnd mutter

Ere vatter vnd mutter.

Der ist eyn narr der kynden gytt

Do er syn zyt solt leben mytt

Verlossend sich vff gůten won

Das jnn / syn kynd nit sollen lon

Vnd jm ouch helffen jnn der not /

Dem wünscht man allen tag den dot

Vnd wurt gar bald eyn über last

Den kynden syn / eyn vnwert gast[236]

Doch jm geschicht wol halber recht

Worlich ist er an wyttzen schlächt

Das er mit wortten jm loßt klusen

Des soll man jm mit kolben lusen

Doch lebt der selb nit lang vff erdt

Wem vatter / můter synt vnwerdt /

Inn mit der vinster / lescht des lyecht

Wer vatter / vnd můter ert nycht

An sym vatter bschuldt Absolon

Das jnn solt vnglück jung an gon

Des glichen wart verflůchet Cham

Do er entbloßt syns vatters scham /

Balthesar hatt nit vil glück

Das er syn vatter hüw jnn stück /

Sennacherib von syn sünen starb

Ir keyner doch das rich erwarb

Thobias gab sym sůn die ler

Er solt syn můtter han jn ere

Dar vmb stund künig Salomon

Synr můtter vff / von synem tron

Als Corylaus ouch hat gthon

Die sün Rechab / lobt selber gott

Das sie hieltten jrs vatters gbott /

Wer leben will spricht gott der herr

Der büt vatter / vnd můtter ere

So würt er alt / vnd richen sere


Quelle:
Sebastian Brant: Das Narrenschiff, Basel 1494, S. 235-237.
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