Sechster Auftritt


[172] Vorige, Porporino in Uniform und Degen.

Aquilar läßt sie, sie steht beschämt.


AQUILAR. Ei, Held! schon hier?

PORPORINO laut, in des Theaters Mitte. So wollt ich dann zum erstenmal, daß er kein Lügner wäre! Sankt Georg! laß dieses Mal so wahr ihn sein, als er ein wahrer Schelm ist – ein Held sei ich, der Drache er, o Heldentum! o Tapferkeit! o Rache! o Myrte werde Lorbeer mir! Er zog den langen Degen am Ende der feierlichen Rede mit Pathos, dreht sich plötzlich nach Aquilar, und will nach ihm stechen; dieser aber ist während der Rede schon weg. Desto besser für uns beide – Legt den Degen hin, wendet sich zu Valeria, die traurig und verlegen stand; als sich Porporino zu ihr wendet, sieht sie ihn mitleidig und traulich an. Liebe Valeria, du bist zu gut, ich kann das nicht verlangen. Meine Liebe, die habe ich, meine Eifersucht, die gabst du mir; daß du mir diese aber noch variieren willst nein – ich bitte dich – opfre dich nicht auf!

VALERIA. Ach, Porporino, ich verdiene deinen Spott nicht, wenn du auch glaubst, ich liebte dich nicht mehr. Aquilar war ungezogen – ich hasse ihn – lasse mich nicht fühlen, wie es mit mir steht.

PORPORINO. Nun, sieh nur, ich kann dich nicht weinen sehen, das kann Ponce wohl. Aber gieb mir die Hand, ich will dich um etwas bitten.

VALERIA. Was willst du, guter Porporino?

PORPORINO. Du kannst mich nicht lieben – nicht wahr?

VALERIA. Ich liebe dich jetzt nicht.

PORPORINO. Ach – jetzt nicht – und Ponce? Liebt dich Ponce?

VALERIA. Vielleicht nicht mehr.

PORPORINO. Er liebte dich nie. Nun sind wir beide übel daran – wollen unser Unglück teilen und uns zu helfen suchen. Und wer dem andern hilft, der ist recht gut.[172]

VALERIA. Wie können wir uns aber helfen, wunderlicher Mensch?

PORPORINO. Sieh, ich will mich bemühen, dir Ponces Liebe zu gewinnen, ich will ihm Gutes von dir erzählen; sprich du Gutes von mir bei dir, liebe Valeria.

VALERIA. Du bist sehr gut.

PORPORINO. Du hast es bequemer, du wirst siegen; willst du mir wohl einen Kuß dafür geben?

VALERIA. Wenn mir Ponce auch einen gäbe, so aber darf ich nicht.

PORPORINO. Tue es immerhin, es freuet mich sehr.

VALERIA. Aber halte Wort – Er küßt sie. Höre auf, du kannst es sonst nicht einbringen.

PORPORINO. Ich wollte, ich könnte so lange Kuß halten, daß ich nicht mehr Wort halten könnte, das heißt ewig, denn alsdann wäre Ponce gestorben, wenn ich käme, ihn zu bewegen, daß er dich liebe.

VALERIA. Wo hast du dann den Degen und den Federbusch her? Du siehst ja ganz anders aus.

PORPORINO. Alles von einem Kriegsmann erbeutet, der nicht mehr existiert.

VALERIA. Du hast ihn doch nicht umgebracht?

PORPORINO. Nein, er hat abgedankt. Es ist der Ritter, der gestern maskiert hier war. Er ist der Mann, der mich bis jetzt erhielt, er hat mich hierher gebracht, hier ins Haus zu dir nun bin ich sein treuer Waffengeselle – gefalle ich dir so besser?

VALERIA. Das nicht, aber es steht dir gut, und ich freue mich über deine Freude.

PORPORINO. Freude? ach wie bist du irre! Freude macht mir nichts, wenn du mich nicht liebst.

VALERIA. Wenn Ponce nicht wäre, so wollte ich dich lieben.

PORPORINO abgehend. Lebe wohl! So gehe ich, ihn umzubringen.

VALERIA. Dann bringst du mich um ihn. – Ei, das ist unserm Vertrage nicht gemäß.

PORPORINO. Das ist eben das Unverträgliche in diesem Vertrage.[173]

VALERIA. Höre, ich sage mir immer, Porporino ist treu, gut, schön und klug, warum liebst du ihn nicht? Sage das auch Ponce von mir.

PORPORINO. Ja, aber Gott weiß, es ist hart.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 172-174.
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