Vierter Auftritt

[195] VALERIO. He, Mohrenkind, freundliche gute Nacht! komme auf den schwülen Hundstag.

VALERIA. Wollt Ihr mich nun hineinbringen, Freund?

VALERIO. Rühre deine Musik, da werden sich die Fräulein sehen lassen.

VALERIA rührt das Tamburin; Isidora und Melanie treten ans Fenster; für sich. Ach! das ist sie, das ist Ponces Geliebte; o gerne trete ich zurück.

MELANIE. Tanze, Mädchen!

ISIDORA. Singe lieber, du scheinst müde von der Reise.

VALERIA sie singt, begleitet sich mit dem Tamburin, schreitet dabei zierlich hin und wider, oder steht still, wie es die Pantomime des Wechselgesangs, den sie singt, erfordert. Da sie in dem Duodrama des Liedes beide Personen spielt, so muß sie die vier ersten Zeilen jeder Abteilung etwas tiefer singen, denn sie sind der Gesang des Liebhabers, der sein Liebchen im Walde einsam träumend findet, die ihn nicht eher erkennt als im letzten Verse.

Was mag dich nur betrüben,

Daß du so traurig denkst?

Du mußt wohl Buße üben,

Weil du die Blicke senkst.


Wie durch die stillen Wiesen

Die Bächlein murmelnd gehn,

Die Blumen, die dran sprießen,

Wie die hinuntersehn,


So seh ich zu, so horch ich zu,

Bin freundlich mit ihnen auf du und du,

Und wollt, daß es mein Liebchen wär;

Ei, das begreifst du wohl nimmermehr.

ISIDORA. Recht artig.

VALERIA. Kommt doch ein wenig zu mir in den Sonnenschein.

MELANIE. Isidore, gehe ein wenig mit, ich möchte mit dem Mädchen plaudern.[195]

ISIDORA. Ich wünschte wohl, aber ich weiß nicht, ob es sich schickt. Die Tante könnte uns vielleicht nicht gerne unten finden. Doch gehe du, ich will bleiben. – Melanie ab. – Singe fort, mein Kind!

VALERIA.

Was ist dir nur geschehen?

Daß du so ganz allein

Im dunkeln Wald magst gehen,

Du mußt wohl närrisch sein!


Wie grüne Büsche lauschen

Und Echo wiederklingt,

Was leis die Büsche rauschen

Und froh das Vöglein singt,


So horch ich zu, so ruf ich zu,

Bin freundlich mit ihnen auf du und du,

Und wollt, daß es mein Liebchen wär;

Ei, das begreifst du wohl nimmermehr.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 195-196.
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