Zwanzigster Auftritt


[266] Vorige, Don Felix und der Prediger.


FELIX. Welche Menge! mit gezogenem Degen! Wo ist mein Nebenbuhler? – wo ist Lucilla? Er zieht. Was soll das alte Weib in der Mitte? Donna Isabella, auch Ihr, was soll das?

ISABELLA. Dort steht der Prätendent.

FELIX. Porporino, du? Es ist nicht möglich!

PORPORINO. Seid ruhig![266]

ALLE. Schweigt, laßt die Zigeunerin sprechen!

ZIGEUNERIN.

Wenn Schwarz in Eisen sich verhüllt

Und weiß aus diesem Eisen kehrt,

Hat sich ein freundlich Herz enthüllt

Und jeder hat, was er begehrt.


Wenn aus dem Pelz ein Herrscher steigt,

Der jedem wieder nehmen kann,

Was die Entwicklung ihm gereicht,

So wird aus einem Weib ein Mann.

PONCE. Was soll das?


Wenn Schwarz in Eisen sich verhüllt

Und weiß aus diesem Eisen kehrt –

PORPORINO.

Hat sich ein freundlich Herz enthüllt,

Und jeder hat, was er begehrt!

FELIX. Schafft das Eisen weg, alle weg!

VALERIA tritt in die Mitte, nimmt den Helm ab, sie ist wieder weiß.

VALERIO. Jesus – Valeria – ach, mein Kind!

PORPORINO. O Valeria, Valeria! Umarmung.

PONCE. Valeria, du, du warst die Mohrin selbst – o Engel!

ISIDORA, MELANIE umarmung. Flammetta, Engel, du, du bist das Bürgermädchen – du Valeria! Freudengetümmel um sie.

VALERIA. Laßt mich, ich will euch noch alles erklären – ach, die Freude – willkommen, alle, alle!

VALERIO. Deswegen hast du es so natürlich gemacht – ei, mich so anzuführen!

PORPORINO. Und mir die Angst einzujagen!

ISIDORA, MELANIE. So seid Ihr Ponce! Ihr Aquilar! in Zukunft seid artiger, Herr Pilger!

PONCE. Wir sind es selbst – verzeiht der Leidenschaft – Valeria, o du Engel!

PORPORINO. Ei, laßt sie – bist du mein – ganz mein?

VALERIA. Ja, ja!

PORPORINO. O, ich verzeihe dir alles!

VALERIO. Hat sich was zu verzeihen; ei, du Kind – du Tausendkind!

FELIX. Aber wo ist Lucilla – um Gottes willen! wo ist sie?

LUCILLA entmaskt. Hier! Umarmt ihn.[267]

ZIGEUNERIN. Still!


Wenn aus dem Pelz ein Herrscher steigt,

Der jedem wieder nehmen kann,

Was die Entwicklung ihm gereicht,

So wird aus einem Weib ein Mann.

VALERIA nimmt ihm den Pelz ab.

PONCE. Der Automate, der Ritter, der uns herschickte –

FELIX. Der mich zur Entführung beredete –

SARMIENTO. Ist dein Vater!

FELIX, ISIDORA, MELANIE umarmung. Vater! lieber Vater! Ihr, ach! lieber Vater! usw.

JUANNA. Don Sarmiento, geliebter Bruder! o dios! welche Verwirrung!

PONCE. Ihr habt uns zu Euren Töchtern geschickt.

AQUILAR. Steht für die Leidenschaft, Ihr habt uns verführt.

SARMIENTO. Ruhig, nun kömmt erst was ganz Neues! Isabella, Lucilla, Porporino! Sie treten herbei. Hier, Lucilla, ist dein Bruder: Porporino ist mein Sohn!

VALERIA. Euer Sohn?

PORPORINO. Vater, Vater, Ihr seid es selbst! o, nicht mehr Findelvater!

SARMIENTO. Isabella ist dein Mutter, und nun mein Weib! Ich schickte sie als meine Schwester her, damit ihr eure Mutter kennen lerntet.

JUANNA. Ei, wegen dem Unsinn mich ins Blaue hineinzujagen! Am Ende bin ich auch jemandes Kind!

SARMIENTO. Ich beredete dich, Felix, Lucillen zu entführen, um dich aus der Zärtlichkeit zu jagen.

LUCILLA Isabellen an der Hand. Und ich wußte alles, stellte mich nur so, die Mutter war auch unterrichtet.

FELIX. Habe ich dich doch!

VALERIA. Porporino, da du Ritter bist, willst du mich noch? Er umfängt sie lächelnd.

SARMIENTO. Isidora, liebst du Ponce? Ponce, liebt Ihr Isidora?

Stehen einander gegenüber, schlagen die Augen nieder, Ponce kniet – Isidora hebt ihn auf. Melanie, liebst du Aquilar? Aquilar, liebst du Melanie? Beide ebenso. Lucilla, liebst du Felix? Felix, liebst du Lucillen? Beide ebenso. Isabella, wir[268] lieben uns, so sage ich dann das Letzte – Aquilar, Ponce, ich verspreche euch meine Kinder, lernt sie näher kennen, und rührt euch für das Vaterland!

VALERIA. Don Ponce, hier, nehmt Euer Testament, – wißt, ich war es, die Ihr vor dem Schlosse umarmtet.

PORPORINO. Don Ponce, ich war der Schneider und Maler; Duca Aquilar, ich war der Arzt, und habe Euch Eure Bestechungsdukaten in die Pastete gebacken.

PONCE, AQUILAR. Wir sind glücklich.

VALERIA zu Porporino. Sei nicht böse. Küßt Ponce.

PONCE singt.

Wenn das Leben nicht hinaus mich triebe,

Nicht nach Ferne Sehnsucht mich verzehrte,

Blieb ich dir, du Heimat meiner Liebe,

Die mich scherzen, tändeln, küssen lehrte.

VALERIA.

So sei dann feierlich entbunden!

Wie dieses Kusses Feuer leicht verglühet,

So schlossen sich der frühen Liebe Wunden

Und neue schönre Liebe ist erblühet.

VALERIO stampft mit dem Fuß. Laut. Laßt es euch gefallen!


Die Musikanten treten, links und rechts, spielend hervor. – Alle schließen einen Kreis; Porporino und Valeria in der Mitte tanzen Solo, die andern um sie her.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 4, München [1963–1968], S. 266-269.
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