[Die Rose blüht] [1]

[610] Die Rose blüht, selig die fromme Biene,

Die in der Blätter keuschen Busen sinkt

Und milden Tau und linden Honig trinkt,

Selig die Magd, die dir o Rose diene!

In Freuden schwebet ihr Gemüt,

Weil ihre Rose blüht.


Die Rose blüht, Gott laß doch milde glühen

Der Sonne Licht, hüll' Ros' und Röselein

Gen Frost und Glut in deine Gnade ein,

Laß alle Lieb' in dieser Rose blühen,

Dann singt das ganze hohe Lied:

Ach unsre Rose blüht!


Wie rosigt blüht das Röslein aller Rosen

Und lacht mit solcher Herzempfindlichkeit,

Daß selbst die Lilie ihr zu Dienst sich weiht,

Mit keiner andern Blume zu liebkosen,

Weil aller Unschuld Seelenfried

Aus diesem Röslein blüht.


Quelle:
Clemens Brentano: Werke. Band 1, München [1963–1968], S. 610.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Ausgewählte Gedichte
Märchen / Ausgewählte Gedichte (Fischer Klassik)