Zweiter Akt.

[32] Platz im Garten des freiherrlichen Schlosses.


WERNER.

So wird es recht! – nur weiter so –

Und hurtig niedergeschrieben;

Aus jeder Note erkenn' ich froh

Das Lied von meinem Lieben.


»Am Ufer blies ich ein lustig Stück,

Wie klang die alte Trompete

Hell in den Sturm, der das Getön

Zum Herrenschloss verwehte!


Die Wasserfrau im tiefen Grund

Hört Sturm und Töne rauschen,

Sie steigt herauf, neugierig will

Die Klänge sie erlauschen.


Und als sie wieder hinabgetaucht« –

»Und als sie wieder hinabgetaucht« –


Das will mir noch nicht klingen,

Muß die Accorde gleich einmal

In andre Lage bringen.


»Und als sie wieder hinabgetaucht,

Erzählt sie den Fischen mit Lachen:

»O Rheineskinder, man erlebt

Doch sonderbarliche Sachen:


Sitzt oben Einer im Regensturm;

Was glaubt Ihr, das er triebe?

– Bläst immerzu dasselbe Lied,

Das Lied von seiner Liebe.«[32]

CONRADIN.

Was solch Landsknechtsmusicus

Selbst noch als Emeritus

Für die Menschheit leisten muß!

WERNER.

Guten Morgen, Conradin!

Sag, mein Freund, wo willst du hin?

CONRADIN.

Siehst du's denn nicht? – Ich will ins Schloß,

Vom gnäd'gen Herrn für unsern Troß

Beim Wiegenfest nach rhein'schen Sitten

Den Wein zum Maifest zu erbitten,

Das er mit Spielen mancherlei

Uns hier alljährlich feiern läßt.

WERNER.

Ach ja, heut ist der erste Mai

Und uns'res Herrn Geburtstagsfest.

CONRADIN.

Mir scheint, du bist hier so beglückt,

Daß du der ganzen Welt entrückt.

WERNER.

Wüßt' ich nur erst gewiß und klar,

Ob meine schönste Hoffnung wahr.


»Als ich zum erstenmal dich sah,

Verstummten meine Worte,

Es löste all' mein Denken sich

In schwellende Accorde.


Drum steh ich arm Trompeterlein

Musicirend auf dem Rasen,

Kann dir nicht sagen, was ich will,

Kann meine Lieb' nur blasen.«[33]

CONRADIN.

Da schlage ja das Wetter d'rein!

Es leuchtet doch wohl Jedem ein:

Wenn's Feuer brennt, dann schlägt es Flammen.

Bist mit dem schönen Schloßfräulein

Doch nun schon manchen Tag zusammen.

WERNER.

Gewiß! doch nie sind wir allein;

Denn ihre gnädigste Frau Base

Steckt hier in Alles ihre Nase.

Dort kommt sie schon wieder ...

CONRADIN.

Laß mich nur machen!

MARIA.

Ihr habt gewiß schon mein geharrt; –

Verzeiht, daß es so lange ward!

Habt Ihr mir auch, wie Ihr's versprach't,

Ein hübsches neues Lied erdacht?

WERNER.

Hier, Fräulein, ist's, doch nicht ganz fertig; –

Freund Conradin hat mich gestört.

MARIA.

Gerade so ist es gewesen,

Wie hier im ersten Vers zu lesen:


»Am Ufer blies ich ein lustig Stück,

Wie klang die alte Trompete

Hell in den Sturm, der das Getön

Zum Herrenschloss verwehte.«

GRÄFIN.

Zeig' her und laß mich auch mit lesen! –

Ei sieh, das ist mir doch zu bunt:

»Die Wasserfrau im tiefen Grund –«

Meint er, daß ich die wohl gewesen?

[34] »Die Wasserfrau im tiefen Grund

Hört Sturm und Töne rauschen,

Sie steigt herauf – neugierig will

Die Klänge sie erlauschen«

Ich wär' heraufgestiegen? – ich?

Sogar neugierig nennt er mich?

Das ist doch wirklich fürchterlich!

Gelauscht soll ich haben? Was fällt ihm ein?

Ich mische mich nie in Fremdes hinein!

CONRADIN.

's ist wahr! Was machst du für Geschichten,

Freund Werner; – sieh, das kommt vom Dichten!

GRÄFIN.

– Es ist auf mich gemünzt; man braucht

Mit halbem Aug' nur hinzusehen:

»Und als sie wieder hinabgetaucht«

CONRADIN.

Wer weiß, was da erst noch geschehen!

Frau Gräfin, thut es mir zu Lieb

Und bittet unsern Herrn von mir,

Den Wein zum Fest uns zu gewähren.

GRÄFIN.

Den kann Er selbst von ihm begehren!

Hab' keine Zeit – ich bleibe hier!

CONRADIN.

Nun, wenn es sein muß – meinetwegen!

GRÄFIN.

Wohl wär' ihnen das gelegen,

Wich ich plötzlich hier vom Platze;

Doch was thaten einst die Mäuse,

Als spazieren ging die Katze?

Sie tanzten und sprangen,

Juchhei'ten und sangen,

Und liebten sich,

Und übten sich

Im Küssen.[35]

WERNER UND MARIA.

Ach, wie käm' es uns gelegen,

Wich die Alte jetzt vom Platze;

Doch sie denkt wohl an die Mäuse,

Als spazieren ging die Katze:

Sie tanzten und sprangen,

Juchhei'ten und sangen,

Und liebten sich,

Und übten sich

Im Küssen.

CONRADIN.

Ach, gnäd'ge Gräfin, hört:

Der Herr nach Euch begehrt.

GRÄFIN.

Nach mir? – Nein, nicht ums Leben

Möcht' ich mich wegbegeben –

Jetzt hab' ich keine Zeit!

WERNER UND MARIA.

Das thut uns wirklich leid!

GRÄFIN.

Diese Männer! diese Männer

Sind doch keine Menschenkenner!

Trauen solchen jungen Leuten

Heut zu Tage viel zu viel!

Apropos, Herr Schloßtrompeter,

Muß beim Unterricht denn jeder

Lehrer gar so dicht und nah

Sitzen bei der Schül'rin da?

WERNER.

Ja, Frau Gräfin, das muß Jeder;

Sonst giebt's keine Harmonie.

CONRADIN.

Gott sei Dank, jetzt hab' ich sie!

Frau Gräfin, der Herr läßt Euch bitten,

Dabei zu sein,[36]

Wenn wir die Bütten

Uns füllen im Keller

Mit Muskateller,

Denn nicht allein

Läßt er uns ein:

Ihr wißt, es ist sein Lieblingswein!

GRÄFIN.

Ich – ich – ich?

Das ist doch ärgerlich!

Das kommt ihnen wohl gelegen u.s.w.

CONRADIN, WERNER UND MARIA.

Ei, das kam uns recht gelegen u.s.w.

WERNER UND MARIA.

Gott sei gedankt, wir sind allein

Zum erstenmal mit unsern Träumen,

Hier, unter diesen grünen Bäumen,

Zum erstenmal allein – allein! –

Scheinst du nicht heißer, Gottessonne!

Lachst du nicht blauer, Himmelszelt?

Ach! warst du jemals so voll Wonne,

Du blüthenweiße Frühlingswelt? –

Der Blumen Geist und neues Leben,

Des Maien Duft, des Lenzes Weben,

Was dort so süß die Bienen saugen

Aus blühendem Kastanienzweig,

Lacht mir aus deinen holden Augen

Und macht mich unermeßlich reich.

MARIA.

Gott sei Dank, Herr Werner – lange

Waren Beide wir bewacht,

Doch zu jeder Stunde hab' ich

Treulich nur an Euch gedacht; –

Seit ich Euch beim Feste fand,

War mein Herz Euch zugewandt.

Könnt's wohl in den Augen lesen,

Was Ihr mir seitdem gewesen:

Leben, Liebe, Glück und Traum –

Ach, die Wonne fass' ich kaum![37]

WERNER.

»Als ich zum erstenmal dich sah,

Es war am sechsten Märze,

Da fuhr ein Blitz aus blauer Luft

Versengend in mein Herze.

Hat All' verbrannt, was drinnen stand,

Es ist mir nichts geblieben,

Doch epheugleich wächst aus dem Schutt

Der Name meiner Lieben.«

MARIA.

Meinst du meinen Namen, Werner?

WERNER.

Maria, o Maria!

GRÄFIN.

Maria!

MARIA.

Bäschen!

GRÄFIN.

Hör' euch gar nicht musiciren!

MARIA.

Bin gerade beim Pausiren –

Lauter lange, schöne Pausen.

GRÄFIN.

Ja, das hör' ich, Kind, mit Grausen; –

Wart', ich komme gleich zurück!

WERNER UND MARIA.

Ach, das wär' ein kurzes Glück!

MARIA.

Seht, vorüber zog das Wetter,

Und es rauscht der Morgenwind

Wie zur Mahnung durch die Blätter,

Daß allein wir wieder sind.

Nun soll sie uns nicht mehr stören,

Wollen uns nur angehören.[38]

WERNER.

Fräulein, Fräulein! welch Beginnen!

Nein, da gilt's auf List zu sinnen:

Laßt die Laute weiterklingen,

Was wir plaudern, laßt uns singen;

Dann wird Bäschen nimmer spüren,

Wie so süß wir musiciren.

MARIA.

All mein Lieben, all mein Denken

Weht durch deine Lieder nur!

Darf ich mich in die versenken,

Folg' ich eig'ner Liebe Spur;

Denn es strahlt wie Morgenröthe

Jedes liebe Wort mich an,

Süß, wie eine Hirtenflöte,

Klingt dein Lied mir, trauter Mann!

WERNER.

Wär' es möglich, o Maria?

Liebtest mich in meiner Kunst?

MARIA.

Ich liebe dich von ganzem Herzen,

Nicht, wie du glaubst, nur deine Kunst, –

Ich liebe dich in Lust und Schmerzen,

Aus tiefster Seele lieb' ich dich!

WERNER.

Welch' Glück, Maria, welche Gunst!

Du wärest mein? Du liebtest mich?

BEIDE.

So unendlich heiß zu lieben,

Lieben und geliebt zu sein:

So mit ganzer Seele lieben,

Das ist Seligkeit allein; –

Das allein ist Glück, ist Leben,

Spricht das Herz mit Wonnebeben:

Dein, Geliebter / Geliebte, ewig dein![39]

GRÄFIN.

Zu Hilfe! Zu Hilfe! Was muß ich sehn?

CONRADIN.

Ja, Ungeheures ist geschehn!

GRÄFIN.

Meine Nichte – ein Trompeter.

CONRADIN.

Gnädigste, glaubt mir: nicht Jeder

Küßt so süß wie ein Trompeter.

GRÄFIN.

Ich erlag nur Seiner List! –

Und die Nichte, die vergißt,

Daß sie Edelfräulein ist,

Soll es schwer mir büßen.

MARIA.

Liebes Bäschen!

GRÄFIN.

Laß dein Näschen

Künftig mir von solchen Dingen.

MARIA.

Es gehörte ja zum Singen!

WERNER UND CONRADIN.

Freilich, das gehört zum Singen!

GRÄFIN.

Das wird mir denn doch zu toll,

Und ich werde nichts verschweigen. –

MARIA.

Nur nicht jetzt gleich, liebes Bäschen

Nehmet Rücksicht auf sein Fest!

WERNER UND CONRADIN.

Nur nicht jetzt gleich, gnäd'ge Gräfin!

Nehmt doch Rücksicht auf sein Fest!

GRÄFIN.

Nein, solch' eine wicht'ge Sache

Nimmer sich verschweigen läßt.

MARIA.

Aber Bäschen![40]

GRÄFIN.

Solche Späßchen

Muß ich, Kind, mir sehr verbitten,

Passen nicht in uns're Sitten!

Wasch' in Unschuld meine Hände –

's hat sein Ende!

CONRADIN, WERNER UND MARIA.

Wascht in Unschuld Eure Hände –

Macht ein Ende!

FREIHERRIN.

Wartet nur, mein Eidam soll

Euch die Herrenrechte zeigen!

DIE BAUERN.

Nicht die Steuer, nicht der Zoll

Auf dem Rhein ist Euer eigen!

FREIHERR.

Mit Karthaunen werd' ich füttern

Den, der mir mein Recht nicht läßt.

DIE BAUERN.

Dann soll uns're Axt zersplittern

Dieses stolze Herrennest.

DER FREIHERR.

Fort, ihr Bauern!

DIE BAUERN.

Prüft die Mauern,

Eure Thore laßt vergittern

Wie den Knechten, geht's den Rittern:

Fallen sie in uns're Hände,

Ist's ihr Ende!

DER FREIHERR.

Fallt ihr ihnen in die Hände,

Ist's eu'r Ende!

GRÄFIN.

Ach, was mußte hier passiren, –

Schwager, ich war nicht dran schuld!

Junges Volk will stets bewacht sein,

Hab' Euch oft genug gewarnt.[41]

DIE ANDEREN.

Edler Herr / Väterchen, wir gratuliren

Und erbitten Eure / Deine Huld!

Mögt / Magst mit Segen reich bedacht sein,

Nie vom Mißgeschick umgarnt.

FREIHERR.

Dank Euch! Dank für so viel Segen; –

Freud und Glückwunsch allerwegen –

Doch des Schnatterns

Und Salbaderns

Ist es wahrlich nun genug –

Werde selbst ja nicht d'raus klug!

GRÄFIN.

Schwager, ach! ein Nervenschlag

Trifft mich noch an diesem Tag –

Schreckliches hab' ich gesehen!

FREIHERR.

Nun, was ist denn geschehen?

GRÄFIN.

Der dort so verwegen ist,

Daß er Eure Tochter küßt!

FREIHERR.

Der Trompeter?

Donnerwetter!

Hat wohl Fieber

In seinem Kopf?

Schütt' er sich drüber

'nen Wassertopf; –

Sicherlich dann fühlt

Er sich abgekühlt!

WERNER.

Herr Oberst, Spott verdien' ich nicht.

MARIA.

Nein, Vater, Spott verdient er nicht.

CONRADIN.

Nein, wahrlich, Spott verdient er nicht.[42]

FREIHERR.

Meint ihr? Nun, so sag' ich's schlicht, –

Offenheit ist meine Pflicht:

Seid zu spät dazu gekommen.

Hab' mir einen Schwiegersohn

Schon aus meinem Stand genommen,

Und der wird noch heute kommen!

Auch für Euch, Frau Schwägerin,

Hab' ich eine Freud' im Sinn.

Bleibe Jeder bei seiner Art,

Trompeter, wer Trompeter ward!

VIER HEROLDE.

Hört an, ihr Völker dieser Welt,

Die frohe Botschaft, die wir künden,

Und schmücket festlich Haus und Zelt

Mit Blumenzier und Laubgewinden;

Es naht euch heut' zu kurzer Rast

Ein hoher königlicher Gast:

Der holde Mai zieht mit uns ein,

Laßt ihn euch hochwillkommen sein!

Festmarsch und Chor.


CHOR.

»Es kommt ein wundersamer Knab'

Itzt durch die Welt gegangen,

Und wo er geht, bergauf, bergab,

Hebt sich ein Glast und Prangen.

In frischem Grün steht Feld und Thal,

Die Vögel singen allzumal,

Ein Blüthenschnee und Regen

Fällt nieder allerwegen.

Drum singen wir im Wald dies Lied

Mit Hei- und Tralaleyen,

Wir singen's, weil es spriesst und blüht,

Als Gruss dem jungen Maien.«

Pantomime mit Tanz.
[43]

FREIHERR.

Ha, das sind sie!

Laßt sie ein!

GRÄFIN.

Wer kommt?

FREIHERR.

Der Graf von Wildenstein

Mit seinem Sohne Damian; –

Zum Eidam nahm ich den mir an.

FREIHERR.

Willkommen! seid willkommen mir!

GRÄFIN.

Bei Gott, der Wildensteiner hier! –

Ein And'rer wagt' es sicher nicht,

Zu treten vor mein Angesicht.

MARIA.

Mein Bräutigam – solch Milchgesicht?

Nein, Väterchen, den nehm' ich nicht!

WERNER.

Es steigt das Blut mir ins Gesicht,

Zu weichen solchem kleinen Wicht!

CONRADIN.

Ei, seht mir doch solch Milchgesicht:

Das scheint mir auch der Rechte nicht!

GRAF VON WILDENSTEIN.

Nur Courage, nur nicht ängstlich,

Und den Kopf hübsch in die Höh; –

Sieh, dort steht das Edelfräulein,

Roth wie Blut und weiß wie Schnee.

DAMIAN.

Ja, Herr Vater.

FREIHERR.

Nur nicht ängstlich, mein Herr Junker,

Jung gefreit hat nie gereut; –

Führ' Euch gleich zu meiner Tochter,

Werdet ja ein Paar noch heut'.[44]

DAMIAN.

Ja, Herr Oberst.

GRAF VON WILDENSTEIN.

Jeder Hader hat sein Ende,

Jeden Kummer heilt die Zeit;

Wollen uns nicht länger grämen –

Einsam stehen wir nun Beid'; –

Laßt uns nicht ins Grab mitnehmen,

Was wohl Beide längst bereut.

GRÄFIN.

Glaubt Ihr, Ihr scheucht mit einem Wort

Den lebenslangen Kummer fort? –

Ach, ein gekränktes Frauenherz

Genas noch nie von solchem Schmerz,

Wie Ihr ihn mir einst, harter Mann,

In jähem Zorne angethan.

FREIHERR.

Keine Scenen,

Keine Thränen!

's ist ja indessen

Alles vergessen; –

Frisch und froh!

GRÄFIN.

Wär's mein Sohn, den er mit sich gebracht,

Hätt' er Alles gut gemacht:

Aber so – –

DAMIAN.

Hab' ich's, Herr Vater, auch gut gemacht,

Als ich ihr den Strauß gebracht?

GRAF VON WILDENSTEIN.

Ja, mein Sohn.

DAMIAN.

Sie sieht mich aber gar nicht an.

GRAF VON WILDENSTEIN.

Thut nichts, mein Sohn, du wirst ihr Mann.[45]

DAMIAN UND GRAF WILDENSTEIN.

O ich / du glückseliger Damian!

FREIHERR.

Hört an! verkünden will ich's laut

In alle Welt hinein:

Maria von Schönau ist die Braut

Des Junkers von Wildenstein!

MARIA.

Mein Vater, halt ein,

Das kann nicht sein;

Nur wen ich liebe, werd' ich frei'n.

WERNER.

O haltet ein,

Es kann nicht sein,

Ihr stört den seligsten Verein!

GRÄFIN.

O nein, o nein,

Das darf nie sein,

Den Sohn der Verhaßten soll sie nicht frei'n!

CONRADIN.

O nein, o nein,

Das darf nicht sein:

Der Milchbart soll nicht Herr hier sein!

DAMIAN.

Maria mein?

Mein ganz allein?

Wie wird sich da mein Vater freu'n!

WILDENSTEIN.

Was soll das sein?

Ein Wildenstein

Weicht nicht vor dem Trompeterlein!

FREIHERR.

Es löst kein Flehn, kein Bitten mein Versprechen.

Dein Heim, o Spielmann, ist dies Schloß nicht mehr!

MARIA.

Nein, ich kann dich nimmer lassen![46]

GRÄFIN.

Armes Kind, du mußt dich fassen!

WERNER.

Süßes Kind, du mußt dich fassen!

WERNER.

»Das ist im Leben hässlich eingerichtet,

Dass bei den Rosen gleich die Dornen steh'n,

Und was das arme Herz auch sehnt und dichtet,

Zum Schlusse kommt das Voneinandergeh'n.

In deinen Augen hab' ich einst gelesen,

Es blitzte drin von Lieb und Glück ein Schein!

Behüet dich Gott! es wär' zu schön gewesen,

Behüet dich Gott, es hat nicht sollen sein!«

CHOR.

Kaum gefunden – schon getrennt!

Weine, wer solch Leiden kennt!

CONRADIN.

Fasse Muth! die Zeit bringt Rath:

Komm und sei bereit zur That.

WERNER.

»Die Wolken flieh'n, der Wind saust durch die Blätter,

Ein Regenschauer zieht durch Wald und Feld,

Zum Abschiednehmen just das rechte Wetter,

Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt.

Doch wend' es sich zum Guten oder Bösen,

Du schlanke Maid, in Treuen denk' ich dein!

Behüet dich Gott! Es wär' zu schön gewesen,

Behüet dich Gott, es hat nicht sollen sein!«

CHOR.

Armes, armes junges Paar,

Ach, wie kurz dein Glück nun war?

Trübe Augen, Abschiednehmen,

Scheidestunde, bringst nur Grämen!

MARIA.

Schöner Traum, vom Mai geboren,

Bist mit ihm verweht – verloren!

Ende des zweiten Aktes.
[47]

Quelle:
Viktor Nessler: Der Trompeter von Säckingen. Leipzig [o. J.], S. 32-48.
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