[297] Sintemalen denn alles beisammen allhier:
Feder, Tinte, Tobak und Papier;
So wollen wir dem Hieronymus Jobsen –
Nachdem wir uns eine Pfeife gestopsen –
Sein Leben, Lernen, Leiden und Lieben
Und was er sonsten allhier getrieben,
Mit allem Fleiße aufnotieren
Und standesgemäß zu skizzieren probieren. –
Dies hier ist Jobs, der Herr Senater,
Des Hieronymus zukünftiger Vater. –
[297] Die Frau Senaterin aber war
Eine geborene Plappelplar;
Mit welcher indessen der treue Gatte
Bis dato nur weibliche Kinder hatte. –
Darum so war ihr Streben und Sinnen,
Demnächst einen Knaben sich zu gewinnen.
Einst, als die Frau Senaterin Jobs
Im Bette schlief, recht sanft gottlobs!
Da war ihr so, als wenn ihr so wär,
Als hätte sie mit vieler Beschwer
Ein großes allmächtiges Tutehorn
Statt eines kleinen Kindes geborn. –
[298]
Drei Wochen nach diesem Traumgesicht
Begab sich ein kleiner Jobs ans Licht. –
Wie freut sich der betreffende Vater,
Nämlich Jobs, der alte Senater.
Es eilten herbei mit freudigem Schnattern
Alle die Tanten, Basen, Gevattern.
Sie sagten, daß es auf ihre Ehre
Ein ganzer reizender Knabe wäre. –
Drauf, als Frau Jobs in ihrer Art
Den neulich gehabten Traum offenbart,
Hub alles die Hände in die Höh:
»Grundgütigerohjemineh!
Was wäre denn das? Was wäre denn das?
So was bedeutet sicher was!«
Frau Schnepperle sprach mit weisem Ton:
»Ja ja! Da bringt mich keiner von!
Frau Schnatrin, glauben Sie es nur:
Ein Traum, der kommt aus der Natur!«
[299]
Ausgewählte Ausgaben von
Bilder zur Jobsiade
|
Buchempfehlung
Nach einem schmalen Band, den die Droste 1838 mit mäßigem Erfolg herausgab, erscheint 1844 bei Cotta ihre zweite und weit bedeutendere Lyrikausgabe. Die Ausgabe enthält ihre Heidebilder mit dem berühmten »Knaben im Moor«, die Balladen, darunter »Die Vergeltung« und neben vielen anderen die Gedichte »Am Turme« und »Das Spiegelbild«. Von dem Honorar für diese Ausgabe erwarb die Autorin ein idyllisches Weinbergshaus in Meersburg am Bodensee, wo sie vier Jahre später verstarb.
220 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro