|
[411] Der Morgen graut. Ich kam per Bahn
Stolz in der Stadt der Welfen an.
[411]
Und wie ich wandle, seh' ich walten
Im Morgenscheine fünf Gestalten.
»Seid mir gegrüßt, ihr edlen Frauen,
So wunderlieblich anzuschauen!«
[412] »Wat het he seggt?!« So tönt's im Chor,
Fünf Besen heben sich empor.
Ich stolp're in ein Kehrichtfaß;
Die Besen sind sehr dürr und naß.
[413] Kaum rett' ich mich, schon halb verdroschen,
Mit 25 Silbergroschen.
[414] Das hemmt der Besengarde Lauf. –
Ein Bad nimmt meine Glieder auf.
So geht's! – Bei Damen sollst du fein
Gar niemals nicht ironisch sein.
Buchempfehlung
Der junge Königssohn Philotas gerät während seines ersten militärischen Einsatzes in Gefangenschaft und befürchtet, dass er als Geisel seinen Vater erpressbar machen wird und der Krieg damit verloren wäre. Als er erfährt, dass umgekehrt auch Polytimet, der Sohn des feindlichen Königs Aridäus, gefangen genommen wurde, nimmt Philotas sich das Leben, um einen Austausch zu verhindern und seinem Vater den Kriegsgewinn zu ermöglichen. Lessing veröffentlichte das Trauerspiel um den unreifen Helden 1759 anonym.
32 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro