716. An Hermann Nöldeke

[294] 716. An Hermann Nöldeke


Wiedensahl 20. Jan. 88.


Lieber Hermann!

Ich wünsche von Herzen und nehme nach deinen Nachrichten auch an, daß Sophiechen wieder wohlauf ist und herumwirthschaftet. – Mutter ist ja auch wieder unten, wenn ihr Husten auch noch nicht ganz wieder weg ist. Sie hat auch an Bruder Karl geschrieben, der also nächstens wohl ankommen wird, um sie nach Barnstorf abzuholen. – Wir haben hier, nachdem sich der Wind nach Westen gedreht, bei gelindem Frost zwischendurch ein bißel Schneegestöber.

Deinen Melioramentenvergleich wirst du, denk ich, demnächst, und hoffentlich genehmigt, von der Kirchencommißion zurück erhalten, worauf du mir dann wohl gleich Nachricht giebst. – Du bist jetzt der Mann, der die meisten Aussichten hat: Nach 5 Jahren volle Einkünfte; Zuschuß aus der Kirchenkaße; fürstlich bezahlte Vikarie, und schließlich den im Landtage beantragten Zuschuß von Staatswegen, wonach, falls ich's recht verstehe, jedes Pfarreinkommen auf mindestens 1200 Thaler gebracht werden soll. Das ist immerhin erfreulich; aber jedenfalls ist's in allen solchen Fällen gut, wenn man sich gemüthlich klar macht, daß nicht alles so eintreffen könnte, wie man sich's wohl wünschen möchte.

Die herzlichsten Grüße von Mutter, Else und

deinem getr. Onkel

Wilhelm.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 294-295.
Lizenz: