813. An Franz von Lenbach

813. An Franz von Lenbach


Wiedensahl 29ten April 91.


Liebster Lenbach!

Ich will dir nur sofort sagen, daß mich dein eigenhändiger Bericht ganz ausnehmend erfreut hat, und daß ich nun, da ich ahne, was du ausgestanden, ganz besonders gern der anmuthigen Hände gedenke, die dich verpflegt haben. Auch traue ich den abgefeimten Tarockmeistern deiner Bekanntschaft viel Gutes zu. Besten Dank ferner für die freundlichen Worte über meinen kleinen Schnickschnack auf Druckpapier. Viel werden's ihrer nicht sein, denen wie dir in angestammter Hellhörigkeit schon ein leichtes Säuseln der Probleme genügend ist, um sich selbstdenkend zu belustigen. Ein emsiger Schritt des Wortes schien mir heilsam. Durch stilistische Behaglichkeit nach Landesbrauch wär mir meine Sach leicht unpaßend dick geworden.

Moltke's Tod hat mich beklemmt. Man verspürt Weltschmerz, wenn man sieht, wie die Bildnerin Natur auch ihre besten Arbeiten in den großen Thonkübel zurückschmeißt und sie einstampft mit den Andern. Wer weiß, wann sie uns mal Einen wieder backt gleich diesem.

Sei herzlich gegrüßt, liebster Freund, sammt Frau Gemahlin von deinem alten

Wilh. Busch.

Quelle:
Busch, Wilhelm: Sämtliche Briefe. Band I: Briefe 1841 bis 1892, Hannover 1968, S. 331.
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