Achtes Kapitel.

[418] Enthält das verständige Gespräch, welches Sancho Pansa mit seinem Herrn Don Quixote führte.


»Ha, ha!« rief Sancho, »gefangen! gefangen! das ist es nun, was ich am allerliebsten auf der ganzen Welt wissen wollte. Nun hört doch mal, mein gnädiger Herr: Könnt Ihr es leugnen, daß man von jemandem zu sagen pflegt, der krank und elend ist, der nicht ißt, nicht trinkt, nicht schläft, auf nichts antwortet, was man ihn frägt, daß ein solcher Mensch bezaubert sei? Woraus man abnehmen kann, daß diejenigen, die nicht essen, nicht trinken, nicht schlafen und nicht die natürlichen Werke verrichten, daß diese bezaubert sind; nicht aber diejenigen, die Lust haben, das zu tun, was Ihr vornehmen wollt, die trinken, wenn man ihnen etwas gibt, die essen, wenn sie etwas haben, und auf alles antworten, was man sie frägt.«

»Du sprichst wahr, Sancho«, antwortete Don Quixote, »aber ich habe dir schon gesagt, daß es unterschiedliche Arten der Bezauberung gibt, und es mag wohl sein, daß sie sich mit der Zeit aus einer Weise in eine andere verwandelt haben und daß jetzt die Bezauberten vielleicht alles dasjenige tun, was ich verrichte, wenn sie es auch ehemals nicht taten; so daß man also gegen die Sitte der Zeiten nichts sagen und noch weniger daraus Beweise ziehen darf. Ich weiß es und bin davon überzeugt, daß ich bezaubert bin, und dieses ist mir genug, um mein Gewissen zu beruhigen, welches mich sehr ängstigen würde, wenn ich nicht glaubte, daß ich verzaubert sei und mich so träge und feige in diesem Käfig fortführen[419] ließe, wodurch ich meinen Beistand vielen Hülfsbedürftigen und Notleidenden entziehe, die meiner Unterstützung und Hülfe vielleicht zur Stunde dieser Stunde auf das höchste und äußerste nötig haben.«

»Dennoch aber«, versetzte Sancho, »ist es zum Überfluß und zu mehr Überzeugung besser, daß Ihr den Versuch macht, aus Eurem Gefängnis zu kommen, und ich verspreche, alle meine Kraft daran zu strecken, Euch zu helfen und herauszubringen, dann mögt Ihr Euch wieder auf den edlen Rozinante setzen, den ich auch für bezaubert halte, so melancholisch und traurig geht er einher, und wenn dies getan ist, so wollen wir wieder unser Heil mit Abenteuern versuchen, und wenn sie uns nicht geraten, so ist es nachher noch immer Zeit genug, wieder in den Käfig hineinzukriechen, und ich verspreche Euch als ein redlicher und getreuer Stallmeister, mich mit Euch da hineinzusetzen, wenn es Euch ja unglücklich ginge oder ich so einfältig wäre, daß es nicht so sein sollte, wie ich gesagt habe.«

»Ich bin zufrieden, das zu tun, was du mir sagst, Freund Sancho«, antwortete Don Quixote, »und wenn du die Gelegenheit absiehst, meine Freiheit zu bewerkstelligen, so will ich dir in allen Punkten gehorchen. Du wirst aber, Sancho, einsehen, in welchem Irrtum du dich in Ansehung meines Unglücks befindest.«

Unter diesen Gesprächen war der irrende Ritter und der verwirrende Stallmeister dahin gekommen, wo der Pfarrer, der Canonicus und der Barbier schon abgestiegen waren, um sie zu erwarten. Sogleich spannte der Treiber die Ochsen aus dem Karren und ließ sie in dem anmutigen Tale weiden, dessen Frische diejenigen zum Genusse einlud, die nicht so verzaubert wie Don Quixote waren, sondern so verständig und aufgeklärt wie sein Stallmeister; welcher den Pfarrer um die Erlaubnis bat, daß man seinen Herrn durch eine Öffnung des Käfigs herauslassen dürfe, denn wenn man es nicht tue, so würde das Gefängnis schwerlich so reinlich bleiben, wie es sich für den Anstand eines solchen Ritters, als sein Herr sei, gezieme.

Der Pfarrer verstand seine Meinung und sagte, daß er seine Bitte gern erfüllen wolle, wenn er nicht befürchten müßte, daß, sowie sich sein Herr in Freiheit sähe, er seine Streiche machen könnte und dahin gehen, wo ihn niemals ein Mensch wiederfände.

»Ich stehe dafür, daß er bleibt«, antwortete Sancho.

»Und ich gleicherweise«, sagte der Canonicus, »besonders wenn er mir sein Wort als Ritter gibt, sich nicht von uns zu entfernen, bis wir es ihm erlauben.«

»Ich gebe es«, antwortete Don Quixote, der alles mit angehört hatte, »um so mehr, da derjenige, so wie ich, bezaubert ist, doch nicht die Freiheit hat, zu tun, was ihm gut dünkt, denn derjenige, der ihn bezaubert hat, kann machen, daß er sich in drei Jahrhunderten nicht vom Flecke rühren darf; und wenn ein Bezauberter auch entwiche, so kann ihn jener dennoch im Fluge zurückbringen; deshalb, da es sich so befindet, mögt Ihr ihn wohl losmachen, vorzüglich da es zu Eurem eignen Besten gereicht, denn wenn Ihr ihn nicht herauslaßt, so ist keineswegs dafür zu stehen, daß Euer Geruchssinn nicht etwas Unangenehmes empfinde, wenn Ihr Euch etwa nicht entfernen wollt.«

Der Canonicus ließ sich eine von seinen Händen darauf geben, ob sie gleich noch immer zusammengebunden waren; hierauf nahmen sie ihn auf seine ritterliche Verheißung aus dem Käfig, worüber er sich unendlich freute, als er sich wieder in Freiheit sah; das erste, was er tat, war, seinen ganzen Körper auszustrecken, dann begab er sich zu Rozinante, schlug ihn mit der Hand auf den Rücken und sagte: »Nun ich hoffe zu Gott und seiner gebenedeiten Mutter, du Blume und Spiegel der Rosse, daß wir uns bald wieder so sehen sollen, wie wir es beide wünschen, du unter deinem Gebieter und ich auf deinem Rücken, in der Übung begriffen, zu welcher mich Gott auf die Welt gesandt hat.« Als Don Quixote dies gesagt hatte, ging er mit Sancho beiseite und kam erleichtert zurück, mit dem lebhaften Wunsche, das ins Werk zu richten, was ihm sein Stallmeister geraten hatte. Der Canonicus betrachtete ihn und verwunderte sich über seine höchst seltsame Narrheit, und wie er in dem, was er übrigens spreche, einen[420] guten Verstand zeigte und nur die Bügel verlor, wie schon oft gesagt ist, wenn er auf die Ritterschaft zu reden kam. Nachdem sie sich im grünen Grase gelagert, um den Vorrat des Canonicus zu erwarten, fing dieser, von Mitleid bewogen, also an: »Wie ist es möglich, mein edler Herr, daß Euch die schlechte und unnütze Lesung der Ritterbücher so überaus hat einnehmen können und Euch den Verstand dermaßen verdrehen, daß Ihr glauben könnt, Ihr wäret bezaubert, nebst andern, dem ähnlichen Dingen, die so entfernt sind, wahr zu sein, als es die Lüge selber von der Wahrheit ist? Wie ist es möglich, daß irgendeine menschliche Einbildung sich einbilden kann, es habe jemals in der Welt diese unzähligen Amadis gegeben und jene Schwadronen so vieler berühmter Ritter, alle die Kaiser von Trapezunt, alle die Felixmarte von Hircania, alle die Zelter, alle die irrenden Jungfrauen, alle die Schlangen, alle die Endriagen, alle die Riesen, alle die unerhörten Abenteuer, so mannigfaltige Bezauberungen, alle die vielen Schlachten, alle die ungeheuren Zweikämpfe, alle die Kleiderpracht, die vielen verliebten Prinzessinnen, die vielen stallmeisterlichen Grafen, die vielen anmutigen Zwerge, alle die Briefe, alle die Artigkeiten, alle die tapferen Weiber, und mit einem Worte, diese vielen und unsinnigen Dinge, mit denen alle Ritterbücher angefüllt sind? Ich bekenne, daß, wenn ich sie lese und mir der Gedanke nicht beifällt, daß alles Lüge und Torheit ist, sie mir einige Unterhaltung gewähren, wenn es mir aber einfällt, was sie eigentlich sind, so werfe ich das beste gegen die Wand, ja ich würde es ins Feuer schmeißen, wenn ich gerade welches in der Nähe hätte, weil sie eine solche Strafe mit Recht verdienen, denn sie sind falsch und betrügerisch und von allem entfernt, was natürlich zu nennen ist, sie sind als die Stifter neuer Sekten und Lebensweisen anzusehen, die Gelegenheit gegeben, daß der unwissende Haufe alle ihre Narrheiten glaubt und für eben so viele Wahrheiten hält, ja sie gehen so weit, daß sie sich unterstehen, die Köpfe verständiger und unterrichteter Männer zu verrücken, wie man wohl merken kann, daß sie mit Euch, mein edler Herr, getan haben, denn sie haben Euch so weit gebracht, daß man Euch hat in einen Käfig sperren müssen und Euch auf einem Ochsenkarren führen, wie man es mit einem Löwen oder Tiger macht, die von Dorf zu Dorf gefahren werden, um sie für Geld sehen zu lassen. Habt deswegen doch, Herr Don Quixote, Mitleid mit Euch selber und kehrt in die Arme der Vernunft zurück, gebraucht den guten Verstand, den Euch der Himmel gnädig verliehen hat, wendet das glückliche Talent Eures Geistes auf andere Lektüre, die zum Heil Eures Gewissens und zur Vermehrung Eures Ruhmes dient; führt Euch aber die natürliche Neigung dahin, Bücher zu lesen, die von großen Taten und von Ritterschaft handeln, so leset in der Heiligen Schrift das Buch der Richter, so findet Ihr dort wahrhaftig Größe und Taten, die ebenso tapfer als wahr sind. Lusitanien hatte einen Viriatus, Rom einen Caesar, Karthago einen Hannibal, Griechenland einen Alexander, Kastilien einen Grafen Fernan Gonzalez, Valenzia einen Cid, Andalusien einen Gonzalo Fernandez, Estremadura einen Diego Garcia de Paredes, Xeres einen Garci Perez de Vargas, Toledo einen Garcilaso, Sevilla einen Don Manuel de Leon, und das Lesen ihrer tapfern Taten hat noch immer die größten Köpfe unterhalten, belehrt, begeistert und in Bewunderung gesetzt. Eine solche Lektüre, mein Herr Don Quixote, wäre auch Eures scharfen Verstandes würdig, durch sie würdet Ihr in der Historie erfahren, für die Tugend enthusiastisch, zur Güte unterrichtet, in den Sitten verbessert, Ihr würdet tapfer ohne Tollkühnheit, dreist ohne Feigheit werden; alles dies würde Gott zur Ehre, Euch zum Nutzen und la Mancha zum Ruhm gereichen, wo Ihr, wie ich erfahren habe, geboren und erzogen seid.«

Mit der allergrößten Aufmerksamkeit hörte Don Quixote die Worte des Canonicus an, und als er nun sah, daß jener geendet hatte, beschaute er ihn erst eine geraume Zeit, dann sagte er: »Soviel ich einsehen kann, mein Herr, wollt Ihr mir deutlich machen, daß es keine irrende Ritter in der Welt gegeben und daß alle Ritterbücher falsch, lügenhaft, schädlich und für den Staat unnützlich sind und daß ich[421] übel getan, sie zu lesen, noch übler, sie zu glauben, am übelsten aber, ihnen nachzuahmen, indem ich mir das beschwerlichste Handwerk der irrenden Ritterschaft erwählt, welches sie lehren, da Ihr leugnet, daß es je in der Welt Amadisse gegeben, sowenig aus Gallia als aus Graecia, sowenig wie die übrigen Ritter, von denen diese Bücher angefüllt sind.«

»Buchstäblich ist das meine Meinung, wie Ihr jetzt gesagt habt«, antwortete der Canonicus.

Worauf Don Quixote sagte: »Auch fügtet Ihr hinzu, daß mir diese Bücher großen Schaden getan, indem sie mir den Kopf verrückt und mich in einen Käfig gesperrt, und daß es mir dienlicher wäre, eine andere und bessere Lektüre zu erwählen, nämlich wahrhaftige Sachen, die mich zugleich ergötzen und belehren könnten.«

»So ist es«, sagte der Canonicus.

»Ich aber«, versetzte Don Quixote, »finde nach meiner Rechnung, daß derjenige, der ohne Verstand und verzaubert ist, Euer Edlen selber ist, der Ihr Euch unterfangt, Lästerungen gegen eine Sache auszustoßen, die in der ganzen Welt als bekannt und wahrhaft angenommen ist, so daß, wer sie leugnet, wie Ihr es tut, diejenige Strafe verdient, die Ihr den Büchern zufügt, wenn Ihr sie leset und sie Euch verdrießlich fallen; denn zu behaupten, daß Amadis nie in der Welt gewesen oder die andern abenteuernden Ritter, von denen die Historien angefüllt sind, heißt nichts anders als behaupten, die Sonne gebe kein Licht, das Eis sei nicht kalt, die Erde trage uns nicht; denn welcher Mensch in der Welt könnte doch wohl einen andern überreden, daß nicht alles von der Infantin Floripe, von Gui von Burgund, von dem Fierabras und der Brücke von Mantibla, welches sich zu den Zeiten Karls des Großen zutrug, daß dies nicht alles Wahrheit sei? denn ich schwöre, daß es alles ebenso wahr ist, als es jetzt Tag ist; und wenn dies Lüge ist, so muß es auch niemals einen Hektor gegeben haben, keinen Achilles, keinen Trojanischen Krieg, keine zwölf Pairs von Frankreich, keinen König Artus von England, der noch jetzt verwandelt als Rabe lebt und auf den man noch zu Zeiten in seinem Reiche hofft; am Ende könnte man auch gar sagen, daß die Geschichte vom Guarino Mezanino erlogen sei und die von der Eroberung des heiligen Grals, daß auch die Liebeshändel Don Tristans und der Königin Isot unlauter sind, wie die der Ginebra und des Lanzarote, da es doch Leute gibt, die es sich fast erinnern, die Dueña Quintañona gesehen zu haben, welche die beste Mundschenkin war, die jemals in Großbritannien gelebt hat; und dieses ist so wahr, daß ich mich noch besinnen kann, wie meine Großmutter von väterlicher Seite, wenn sie eine Dueña mit ihren ehrwürdigen Schleiern sah, zu sagen pflegte: ›Diese, lieber Enkel, sieht wie die Dueña Quintañona aus‹; woraus ich denn den Schluß ziehe, daß sie diese muß gekannt oder wenigstens einmal ein Bild von ihr gesehen haben. Wer vermag aber das wohl zu sagen, daß die Geschichte Peters und der schönen Magelone nicht wahrhaft sei, da doch bis auf den heutigen Tag in den königlichen Zeughäusern der Zapfen aufbewahrt wird, mit welchem das hölzerne Roß regiert wurde, auf welchem der tapfere Ritter durch die Luft flog, und welcher Zapfen noch etwas größer als eine Wagendeichsel ist? Neben dem Zapfen hängt der Sattel des Babieca, und zu Roncesvalles befindet sich das Horn Rolands, so groß wie ein tüchtiger Block. Woraus man beweisen kann, daß es die zwölf Pairs gab, daß es einen Peter gab, einen Cid und andere ähnliche Ritter von denjenigen, die auf Abenteuer gezogen sind. Wenn das nicht ist, so sagt doch lieber auch, daß das unwahr sei, daß ein irrender Ritter, der tapfere Lusitanier Juan de Merlo, nach Burgundien ging, in der Stadt Ras mit dem tapferen Herrn von Charni kämpfte, der Mose Pierre genannt war, und wie er nachher in der Stadt Basel mit Mose Henri de Remestan stritt und beide Kämpfe als Sieger bestand und mit Ruhm gekrönt wurde; sowie jene Abenteuer und Ausforderungen, die in Burgundien die tapferen Ritter aus Spanien verübten, Pedro Barba und Gutierre Quixada – von dem ich in gerader Linie von männlicher Seite abstamme –, welcher die Söhne des Grafen San Polo überwand.[422] Ihr werdet es auch wohl leugnen, daß Don Fernando de Guevara nach Deutschland zog, Abenteuer zu suchen, wo er mit Georg kämpfte, einem Ritter aus der Familie des Herzogs von Austria. Sagt auch lieber noch, daß es mit dem Tyostieren und Turnieren des Suero de Quiñones nur Posse sei, so wie die Unternehmungen des Mose Luis de Falses gegen Don Gonzalo de Guzman, einem kastilianischen Ritter, nebst anderen Großtaten der christlichen Ritter dieses Landes und anderer Reiche, die so wahr und ausgemacht sind, daß ich es noch einmal wiederhole, derjenige, der sie leugnet, muß aller Vernunft und Überlegung beraubt sein.«

Der Canonicus war erstaunt, diese Vermischung von Wahrheit und Lüge in Don Quixotes Munde zu hören, wobei er sich über die große Gelehrsamkeit verwunderte, die er in allen Dingen besaß, die zu seiner irrenden Ritterschaft gehörten; er antwortete ihm daher: »Ich kann es nicht leugnen, Herr Don Quixote, daß nicht manches von dem, was Ihr erwähnt habt, wahr sein sollte, vorzüglich was die spanischen irrenden Ritter betrifft, so gebe ich auch gern zu, daß es die zwölf Pairs von Frankreich gegeben habe, aber ich kann unmöglich glauben, daß sie alles getan haben sollten, was der Erzbischof Turpin von ihnen erzählt; die Wahrheit davon ist, daß es Ritter waren, die sich die Könige von Frankreich erwählt hatten und die man deswegen Pairs nannte, weil sie sich alle an Tugend, Adel und Tapferkeit gleich waren oder es wenigstens ihrer Einrichtung nach sein sollten, und so war dies ein Orden, wie es heutzutage die von Santiago und Calatrava sind, denn von diesen fordert man auch, daß diejenigen, die aufgenommen werden, edle, tugendvolle, tapfere und adelige Ritter sind, und, wie man jetzt von einem Ritter von San Jago oder Alcantara spricht, so sagte man damals: ein Ritter von den zwölf Pairs; denn aus zwölf gleichen Männern bestand dieser kriegerische Orden. Daß Cid gelebt hat, ist ebensowenig zu bezweifeln, als daß es einen Bernardo del Carpio gab, nur glaube ich, daß zu den Taten, die man von ihnen erzählt, mehreres hinzugesetzt ist. Was jenen Zapfen, dessen Ihr erwähntet, des Grafen Peters betrifft, der neben dem Sattel des Babieca im königlichen Zeughause hängt, so muß ich gestehen, daß ich so unwissend bin oder ein so kurzes Gesicht habe, daß, ob ich gleich jenen Sattel gesehen, ich dennoch diesen Zapfen nicht bemerkt habe, ungeachtet er von der Größe sein soll, wie Ihr ihn beschrieben habt.«

»Er befindet sich aber dort ohne allen Zweifel«, antwortete Don Quixote, »und zum größten Wahrzeichen muß ich Euch sagen, daß er in einem ledernen Futterale steckt, damit er nicht dem Staube ausgesetzt sei.«

»Es ist wohl möglich«, antwortete der Canonicus, »aber, bei meinem Amte, ich kann mich nicht erinnern, ihn gesehen zu haben. Aber zugegeben, daß er sich dort wirklich befinde, so verpflichtet mich das noch nicht, die Geschichten der vielen Amadisse zu glauben oder der übrigen Ritterscharen, von denen die Erzählungen umgehen, auch ist es kein Grund, daß ein so ehrenvoller Mann wie Ihr, der mit so vielen Talenten und einem so glücklichen Verstande begabt ist, diese vielen und ausschweifenden Torheiten für Wahrheit halten muß, wie doch alles ist, was in den unvernünftigen Ritterbüchern geschrieben steht.«

Quelle:
Cervantes Saavedra, Miguel de: Leben und Taten des scharfsinnigen Edlen Don Quixote von la Mancha. Berlin 1966, Band 1, S. 418-423.
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