[Was mag der Krawall im RaLager besagen]

[174] »Was mag der Krawall im RaLager besagen,

Es kappern wohl endlich die krätzigen Fremden,

Man will vielleicht Aussatzbefallene verjagen

Und kreischt oder feilscht nur um prunkvolle Hemden.[174]

Ägypter, die Zucht unserer Väter verkümmert!«

Schreit jetzt Amons sehender Priester und wimmert;

»Der König hat hier unsere Gottheit zertrümmert

Und uns und sich selber das Dasein verschlimmert!

Fast trachtet der Tag heute länger zu dauern,

Es scheint sich ein Glastwall um Theben zu stauen;

Bespickt mit Beschauern sind alle Stadtmauern,

Rings mag sich die RaSchaar am Ballfall erbauen.

Man ahnt wobl, daß heute das Glück Thebens scheidet,

Denn morgen schon wird man in Blutgossen waten,

Ach Ai, warum hast Du uns albern beneidet,

Und ach, was verbrachst Du, waghalsiger Chuenaten!«

»Was machst Du da, Papis, fast scheinst Du zu warten!«

So schrein aus dem Tempel Altartanztrabanten:

»Komm laß uns die Seele von Amon entfachen,

Wir wollen toll schweißen, was andere umrannten!«

»Ach laßt mich,« sagt Papis: »den Abend betrachten

Und warten bis sacht alle Strahlen verglühen,

Jetzt wallen Gefallene vergangener Schlachten

Durchs Thal: sagt, was treibt Euch, das Fest zu verfrühen?«

»Es zieht der Tanz Todte an« schrein Koribanten:

»Gewesene hetzen uns, jung zu entstehen,

Und wo sie mit Krallenkraft Paare festbannten,

Umschauert gleich Mann und Weib des Werdens Wehen!«

»Ich komme gleich, Kinder mein, Ihr mögt genießen,«

Spricht Papis: »Das Licht ist nun ziemlich verschieden,

Doch seht wie um Theben jetzt Gluthähren sprießen,

Ein Goldrausch erwacht nun statt Silberfrieden!«

»Die Männer vermummten, verhüllten sich alle,

Die Mägdlein erscheinen wie Lichtmeteore,

Drum walle zum Schalle, zu Amons Nachtballe!«

So gellts aus des Tempels verdunkeltem Thore.[175]

»Ich komme, ich komme, doch horcht aufs Geprassel,

Ja Flammen und Waffen des Ra seh ich nahen,«

Ruft Papis, dann hört er nur Schall und Gerassel

Der Schaaren, die rings seine Ahnung bejahen.

Im Tempel das Fest ist schon lange im Gange:

Die Männer, in Mäntelgewändern verkleidet,

Versuchen, verdunkelt, im Tanzüberschwange,

Ein Mädchen, das keine Gestalt unterscheidet,

Für sich zu erhaschen und hold einzufangen.

Die Mädchen, in flimmernden Schleiern, vermeiden

Zu rasch in die Freiersgewalt zu gelangen,

Woran sich die Sinne der Theilnehmer weiden.

Es ist das der Tanz heller Glanzmeteore!

Erstrahlende Mädchen entwallen dem Dunkel

Und wirbeln und kreuzen sich, rhythmisch im Chore:

Sie tanzen nach Harfen: ihr Perlengefunkel

Erzittert so reizend wie Mondlicht im Nile.

Schon sieht man so manche im Mantel verschwinden,

Da treibt sie ihr Freier zu lieblichem Spiele,

Wenn andere sich lang noch dem Dunkel entwinden.

»Ihr Kinder, Ihr Kinder, was hab ich geraten,

Das Fest ist ergötzlich, doch falsch Ort und Stunde!«

Ruft Papis: »Beim Feste fremdwidrer Kastraten

Darf niemand mehr tändeln; vernehmt meine Kunde:

Es mag jetzt die Gottheit durch Euch nicht genesen,

Es steht unser Amon mit Ra nun im Bunde,

Wir werden im Tempel verbrennen, verwesen,

Schon stammen die Häuser, ringsum in der Runde!«

»So komm in den Tempel, Dein Fieber zu kühlen,

Wir kennen die Männer nicht, die uns verführen,

Doch hold ist ihr Athem, und süß ihn zu fühlen,

So komme denn selber, ein Mädchen zu kühren.«[176]

So singt man im Tempel, doch Papis ruft traurig:

»Ach, seht wie die Nacht sich mit Purpur verschleiert,

So glaubt an die Gluth, denn sie naht und ist schaurig:

Es geht nicht, daß Ihr, wenn man Ra anruft, feiert.«

»Die Sterne sind heiter und flimmern wie immer,

Das ist ein Komet, der uns goldig umschmeichelt,

Wir lieben sein schwirrendes, lichtes Geflimmer,

Er ists, der uns anhaucht und liebkosend streichelt.«

So singt man im Tempel, doch Papis schreit grimmig:

»So seht doch die Funken, die hoch Euch umschweben,

Erhebt Euch jetzt endlich und betet einstimmig,

Es möge Euch Amon das Zögern vergeben.«

»Die Sterne stehn fest, doch wir Taumelnden schwanken,

Wir zittern und beben, uns schwindelt, wir sinken;

Zu groß ist das Glück, um jetzt Amon zu danken,

Oh, laß uns Lust trinken, da Sterne selbst winken.«

So singt man im Tempel, doch rasend ruft Papis:

»Zertrümmere, Du bübischer Stümper Chuenaten,

Den Amon, den Ptah und vertreibe den Apis,

Doch wahr uns vor Flammen; ach laß die Soldaten

Rasch Eimer ergreifen, statt nutzlosen Lanzen:

Verschone Ägypter, die nie Arges thaten,

Sie wollten nur glücklich sein, jubeln und tanzen,

Du darfst nicht brandschatzend das Nilthal verrathen!«


Das Feuer haust immer noch näher und näher,

Jetzt stieben die Paare erhitzt auseinander,

Verstummt ist die Stimme von Papis dem Seher,

Doch ist es, als ob er die Halle durchwander.


Die Männer zerstampfen die Mantel und Larven

Und tanzen jetzt nackend im purpurnen Lichte,[177]

Man spielt noch frenetisch auf berstenden Harfen

Und glaubt, daß man tanzend den Amon aufrichte.


Jetzt sträuben die Häuser entsetzt Flammenmähnen,

Die Winde zerzausen sie prasselnd und rauschend:

Im Tempel beginnen entsetzliche Szenen.

Doch Papis bleibt still und sich selber belauschend

Erwägt er die Flucht aus den rauchenden Mauern.

Da fangen schon Mäntel und Schleier rings Feuer

Und Papis sieht, lang kann es nimmermehr dauern,

Und keiner der Ausgänge scheint ihm geheuer,

So ruft er denn: »Kinder, die Todten erwachen!«

Er rast nun und ruft zu der Tanzsarabande:

»Es kann Euer Lachen den Amon anfachen,

So schmelzt jetzt versengend die ehernen Bande,

Die Euch mit der Gottheit für ewig verschweißen!«

So tollen denn alle, die brennend noch johlen.

Und Großes sucht Papis dem Volk zu verheißen.

Dann wogt Gold aus Körpern, die röchelnd verkohlen!


Die Windsbraut, die Brunstbraut, entfahren den Dächern,

Sie fassen sich, lassen sich tanzend nicht ruhen,

Sie sausen mit Fächern, entzausen sie Schwächern

Und wirbeln sich Gluthschmuck aus funkelnden Truhen.

Hier tanzt alles anders. Hier giebts kein Verweilen.

Die Glastpaare springen aus Lucken und Thüren.

Des Wahnwitzes Brandschwärme sprühn, glühn und eilen

Im Fluge aus furchtbaren Funkelgeschwüren.

Terrassen, umglastet von Scharlachguirlanden,

Die Flammen, auf Blutgluthglastkränzen erklettern,

Erscheinen wie Hallen für Brandsarabanden,

Und Blüthen umglühn sie mit grünlichen Blättern.

Ein Garten erwacht auf den brennenden Bauten,[178]

Denn Blumen entwirbeln den flimmernden Schleiern,

Und Lichtbäume wuchern, wo Gluthen sich stauten:

Ja, Harze entstammen wie Kelche auf Weihern.

Die Thürme, die langsam zu bersten beginnen,

Erklimmen jetzt glimmende RaBrandBananen,

Und Wimpel umspringen die finstersten Zinnen,

Als schwenkten Chuenatens Fanatiker Fahnen!


Jetzt rasen auf einmal die Menschen zu Haufen

Zurück in die Stadt, ihre Habe zu retten:

Es scheint ganz unglaublich zu sehn, wie sie laufen,

Und viele versengen sogleich zu Skeletten.

Doch andere, die wieder im Freien erscheinen,

Entschleppen die Götzen und tanzen vor Jubel:

Es kann so der Brand ganz Ägypten vereinen,

Denn selbst RaSoldaten thun mit im Getrubel.

Die Fremden aus Charu durchplündern die Trümmer,

Sie sollten die Stadt für Chuenaten entzünden,

Doch dachten sie klüger: es wäre nichts dümmer,

Als glüthen die Güter in Feuersbrunstschlünden.

So stimmten die Fremden, voll Witz, und einhellig:

Die Tempel umsprühe ein glühender Gürtel,

Dort sei man beim Anschüren kühn und anstellig:

Doch ganz unbehelligt belaß man die Viertel

Der Stadt, wo die kleinmüthigen Spießbürger wohnen,

Dort schände man Mädchen und prügle Matronen,

Dann mag wohl der Tag sich zum Brandschatzen lohnen.

Doch plötzlich entsteht unter Mordbrennern Fehde,

Denn Weiber und Kinder beginnen zu stehlen;

Da hält gleich ein Lediger folgende Rede:

»Vermählte, Ihr sollt Eurer Diebsbrut befehlen,

Daß keines sich mehr an der Beute vergreife[179]

Und lieber die Karren und Schiffe bereite,

Damit man dann leichter das Raubgut fortschleife,

Und nun schafft das Pack ohne weiteres beiseite.«

»Wie sprecht Ihr da,« zischelt ein Vater und Gatte:

»So laßt Weib und Kind sich ihr Eigenes erwerben,

Im Gegentheil will ich, daß niemand ermatte;

Es suche ein Jeder sein Gut unter Scherben.

Ihr Lottergesellen und Mütterverführer,

Ihr sollt jetzt ägyptische Jungfrauen schänden,

Ihr Schurken, Ihr zuchtlosen Meuteaufrührer,

Ihr müßt Euch vom Plündern zum Einbrechen wenden.«

»Wir haben zusammen Chuenaten verrathen,

Und rauben, um dann Eure Weiber zu kaufen,

Ihr Alten doch sollt heut in Feuer gerathen.«

So antwortet jener vom fraufreien Haufen.

Drauf wird vom Familienbeflissenen erwidert:

»Die Weiber und Kinder bestimm ich zum Plündern,

Zum Schutz sind die Väter ins Heer eingegliedert,

Und Ihr bleibt mit weitaufgerissenen Mündern.«

»Ihr Weibsknechte wartet, Ihr Lumpenbrutzüchter,

Ich will Euch im Nilthal wie Unkraut ausrotten;

Dich krieg ich, Du willkührlich ruchloser Richter,

Erwisch ich die Hoden, so liegst Du am Boden.«

Kaum schreit das der Ledige, entsteht ein Gezeter,

Es fängt mancher Hausen schon an, los zu raufen,

Doch blast noch vor Anfang des Kampfs ein Trompeter,

Und alles beginnt nach dem Hauptplatz zu laufen,

Doch gräßlich erregt und erschreckt, schreit die Menge;

»Wer Recht hat, entscheide, wer laut disputierte,

Im Einzelturnire verlier und versprenge

Nur der Blut und Gut, der so dreist renommierte.«

Da ruft schon der Gatte: »So warte Du Schmäher,[180]

Gleich werd ich Dich quetschen, Dein Knorpelfleisch kneifen,

Du Einsteiger, Milchkalb und Kindskopfverdreher,

Ich werde Dich, Feigling, durch Blut und Dreck schleifen.«

»Und ich Deinen schlaffen Familiensitz packen,

Du Hahnrei, mich dünkts, ihn in Händen zu haben,

Dann mag ich Dich langsam erst knebeln und zwacken

Und will mich zum Schluß noch, beim Todtwürgen, laben.«

Kaum sagt das der Ledige, so droht ihm sein Gegner

Und trachtet, am Kampfplatz, ihn knapp anzuspringen:

»Du nennst Deine Schliche, Du dummdreistverwegner,

Du witzloser Ringer, so muß mirs gelingen

Dich gleich, selbst beim ersten Sprung, drunterzukriegen;

Noch bin ich gelenk und steh fest auf den Beinen,

Drum schleich ich umher, Dick im Nu zu bezwingen,

Und merk Dirs, ich werf Deine Eier den Schweinen.«

»Doch wärmt mich noch eher Dein Hausvaterlaken,

Ich hab Dir bereits Frau und Tochter geschändet,

Du glaubst nicht wie oft andere bei ihnen staken,

Noch wer Deine Habe genießt und verschwendet.«

Es schreit dies der Ledige, hindurch durchs Gelächter

Der Leute am Markte, die zischen und keifen:

»Ihr seid uns gar feig, beide, Hausdieb und Wächter,

So greift Euch doch an und erfreut Euch beim Kneifen.«


Nun kracht es und poltert es, blitzt es entsetzlich:

Der Tempel des Amon ist plötzlich geborsten!

Drin flattert, was flockig ist, flink und zerfetzlich,

Ja, Brandadler brausen aus glaststarren Horsten,

Und bis das Geprassel, das Rasseln der Wabe

Sich langsam besänftigt, sind Kinder und Weiber

Verbrannt und verscharrt unterm flammenden Grabe.

Ein Mann nur bleibt übrig und mustert die Leiber,[181]

Die brenzelnd und bebend und knisternd verrecken,

Und hin zu ihm strecken sich glasthafte Tatzen,

Drauf schrecken ihn Zungen, die lechzend Gluth lecken,

Dann Blicke, so blau, wie von taubstummen Katzen.


Nun trachtet er kriechend dem Tod zu entkommen

Und stolpert zu Körpern, die hilflos verröcheln,

Die Angst vor dem Brand zeigt ihm alles verschwommen,

Und plötzlich verbohrt sich ein Schmerz in den Knöcheln.

Er muß seinen Leiberweg forttastend wähnen,

Er merkt nur, die Wand ist mit Gluth überkrustet,

Und menschliche Bänder sind brennende Mahnen,

Doch ists ihm, als hörte er rings sich umpustet:

Draus wirds ihm, als ob ihm der Ausriß gelange,

Auch ist er, fast traumhaft, ganz richtig getreten.

Und wie er hervortritt, umschreit ihn die Menge:

»Es zeigt uns ein Gott seinen echten Propheten.«

Nun wird schon der Mann auf die Schultern gehoben,

Er kann kaum den Schmerz seiner Wunden verbeißen

Und merkt nur, wie alle ihn johlend umtoben

Und schreiend laut auffordern Gott zu verheißen.

Doch ruft er nur: »Wasser!« und immer nur: »Wasser!«

Da stürmen die Fremden fanatisch zum Nile,

Und allseits verfolgen sie Amons RaHasser

Und selbst RaSoldaten sind jetzt mit im Spiele;

Und trotzdem gelingt es den Fremden, die Schiffe

In Eile zu kentern und rasch zu befrachten.

Die meisten sind flott und bereits im Begriffe

Die Anker zu lichten; wo andere noch trachten,

Die Feinde hübsch ferne vom Ufer zu halten

Und recht viel Erbeutetes unterzubringen:

Doch schließlich sind alle fast, ganz wohlbehalten,[182]

Am Wasser und fangen an Psalme zu singen.

Doch da sich Ägypter am Ufer versammeln,

So lacht man verachtungsvoll draußen am Wasser

Und schlachtet, mit eben geheiligten Hammeln,

Auch Sperber und Reiher; ja, immer noch krasser,

Man laßt auch den Apis zum Frühstück zerstückeln!

Nun hört man ihn brüllen; dann grunzen und gackeln.

Drauf giebt man den Garaus selbst Neckhes Karnickeln.

Da packen Ägypter hellflammende Fackeln

Und trachten sie schwimmend in Brand zu erhalten,

Um draußen die Schiffe noch rasch anzuzünden;

Doch müssen fast alle beim Nachtbad erkalten,

Denn überall tauchen, aus nächtlichen Schlünden,

Des Nils Krokodille empor und erhaschen

Sofort alle Schwimmer, die selbst sich belichten.

Es wußten die Thiere: es giebt was zum Naschen!

Sie merkten das Brenzeln von vielen Gerichten

Und hörten das Lachen und Brüllen beim Schlachten.

Nun finden sie Menschen, die vortrefflich munden,

Und alle die Flammen, die Schiffern Noth brachten,

Sind wunderbar plötzlich zusammen verschwunden.

Da rufen die Fremden: »Stets gehe es Häschern

Wie Euch, grausen Henkern, in allen Gewässern;

Ihr wolltet uns ruchlos, zur Rache, einäschern,

So plätschert statt uns, frechen Apisfleischessern,

Jetzt heiter, mit heiligen Nilkrokodillen,

Im Flusse der Heimath und freut Euch am Spiele!

Wir wollen das Leid unserer Mitbürger stillen:

Es wartet schon Moses am unteren Nile.«
[183]

Jetzt tragen die Winde die Flammen zu Hausen:

Die Mitte von Theben steht gänzlich in Feuer,

Und Sprühregenbündel und Gluthblüthen traufen

Aus Rauchsäulen, rings überm Trummergemauer.

Das Feuer gelangt nun allmählich zum Garten

Des alten und prachtvollen Herrscherpalastes,

Und selbst alle Hallen, wo Staatswachen warten,

Sammt Pharaos Sammlungsarchiven erfaßt es.

Es knattern entstammende Balken und Planken,

Und alle die schlanken Palastsaalpilaster

Umarmen rasch RaGlastgranatapfelranken,

Und krachend zerbröckelt der Wandalabaster.

Da läßt sich denn Ti aus dem Flammenhaus tragen.

Die andern sind alle vor Theben geblieben,

Nur sie war entschlossen, ihr Leben zu wagen,

Sie hoffte, es würde ihr Sohn sie noch lieben.

Nun tritt sie, von Sklaven getragen, zu Tage,

Und rüstige, wirklich noch biedergesinnte

Bediente, vom alten ägyptischen Schlage,

Entführen sie klug aus dem Brandlabyrinthe.

Wohl stürzen am Wege Ruinen zusammen,

Und Brandstätten scheinen die Bahn zu versperren,

Doch senkrecht fast streben die Essen und Flammen

Empor aus den Tempeln, und unbeirrt zerren

Die Diener den Karren der Herrin treu weiter,

Und rings um den Zug fallen Glastschlacken nieder.

Ein Wirbel zerschlagener, ringsumverspeiter,

Zersplitterter Scherben umschwirrt ihn stets wieder.

Doch schrecklos und fast ohne inneres Bangen

Vermögen die Flüchtlinge weiter zu schreiten,

Um endlich heraus aus dem Brand zu gelangen.

Und bald scheint sich Kühle ringsum auszubreiten.[184]

Die Kaiserin ward unverwundet gerettet:

So wurde die Mutter Chuenatens zum Wunder!

Sie war im Palast zwischen Glast eingebettet.

Die Pracht wie der Plunder, verpufft nun wie Zunder

Und steigt, zu Rosettengebilden verkettet,

Empor, um die Herrin von Ferne zu schmücken.

Doch sie hat, ganz einzig, beim Brand nichts verwettet,

Sie ging aus dem Schloß, um ihr Land zu beglücken,

Ihr ist es, als ob sich ihr Herz gar nickt gräme,

Sie tritt, ihrer Würde bewußt, aus dem Feuer:

So wird ihr die Hauptstadt zum Prachtdiademe,

Sie selbst zum Orakel im RaAbenteuer.

Quelle:
Theodor Däubler: Das Nordlicht. Teil 2, München; Leipzig 1910, S. 174-185.
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