Johann Sigismund Kettler Freiherr zu Mongaw und Anna Catharina Gräfin zu Dönhoff

[210] 1648. 23. Hornung.


Der du in versüsster Pein

Vnd in Anmuth-vollen Schmertzen

Bey den jetzt vermählten Hertzen

Wirst Befehlichshaber seyn,

Amor, laß von allen Seiten

Lust vnd Kurtzweil dich begleiten.


Thue was dich die Freyheit heisst,

Such bey diesen thewren Flammen

Alle List vnd Kunst zusammen,

Alle Schalckheit die du weist:

Laß hie beydes Pfeil' vnd Bogen

Gold seyn, vnd komm angezogen.


Selten triffst du an ein Par,

Das so wehrt ist vnd erhaben

Wegen der Geburt vnd Gaben,

Wessen du hie wirst gewar,

Das ist himmlisch vnd erwehlet,

Wo dir dein Gesicht nicht fehlet.


Des erwünschten Bräutgams Pracht

Gleicht an Zieraht, Krafft vnd Jahren

Vnd an Goldgemengten Haaren,

Phebus, deiner schönen Tracht,

Wenn du mit Geschoß vnd Pfeilen

Schnellem Winde nach-willst-eilen.


Oder auch, o Castor, dir,

Wenn du an Eurotas Flüssen

Deine kühne Lust wilst büssen.

Eben so war Hectors Zier,

Als er auff Eetions Awen

Ihm Andromachen lies trawen.


Der erwehlten Braut Gestalt

Gleicht Dianen an Gepränge,

An der Schönheit, an der Länge,

Geht sie etwan in den Wald,

Selbs Apollo wird im hetzen

Sie für seine Schwester schätzen.


So war Venus von Gesicht,

Als sie lies an Xanthus Bächen

Ihr der Schönheit Vrtheil sprechen:

Aber Leden Tochter nicht,

Grieff Europa gleich zum Degen

Wieder Asien jhrentwegen.


Siehst du hie den Beystand an,

Alles mus von Golde gleissen,

Denn der beste Kern aus Preussen,

Was des weges halber kan,

Ist bey diesem Mahl erschienen,

Solche Heyraht zu bedienen.
[210]

Was? der grosse Wladisla,

Dessen Jahre Gott vermehre,

Ist durch ewer Liecht vnd Ehre,

O jhr Dönhöf', auch mit da,

Wie auch sonst sucht durch die Seinen

Mancher Held hie zu erscheinen.


So geehrt wahr Aeacs Sohn,

Als man Thetis zu jhm brachte

Vnd er mit jhr Hochzeit machte

In dem Berge Pelion,

Da der Götter grosse Scharen

Ingesamt versamlet waren.


Darumb, Amor, mach dich froh

Vnd leg alle Seumnis nieder,

Schwing die Fackeln hin vnd wieder,

Daß sie brennen lichter-loh,

Aber meine schlechten Reime

Laß darüber nicht daheime.


Wenn du nach der ersten Nacht

Sie mit deinen süssen Gaben

Gnugsam wirst erquicket haben,

Erst alßdan hab meiner Acht,

Erst nach deinem süssen wesen,

Liebe, wil ich seyn gelesen.


Laß von deiner Huld vnd Krafft,

Eh Sie meine Vers' ergrieffen,

Etwas auff dieselben trieffen,

Deiner süssen Anmuth Safft

Wird mich weit für andern Sachen,

(Weis ich wol) beliebet machen.


Sag der Engel-schönen Braut,

Daß sie aller Furcht entsage,

Dies ist eine solche Plage,

Der sich Heil vnd Leben trawt,

Heil vnd Leben ist zu finden,

Wo sich Hertzen so verbinden.


Gott ist, Liebe, selbs mit dir

Vnd wil allem Nachdruck geben,

Daß, darnach Sie einig streben,

Die verborgne Lust alhier

Künfftig durch berühmte Helden

Frey sich aller Welt sol melden.

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 210-211.
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