Hieronymus von Weinbeer und Catharina Pantzer

9. Sept. 1641.


Der Liebe Lob-Gesang.


O Amor, Hertzen-Binder,

Du Herr der Freundlicheit

Vnd aller guten Zeit,

Du zwietracht-überwinder!


Du grosser Wolfahrt-Heger,

Wie, daß die gantze Welt

Dir hin zu Fusse fällt,

Vnd folget deinem Läger:


Wie weistu ein-zusperren

Des Scepters gantze Macht!

Dir dient der Krohnen Pracht,

Der Knecht auch sampt dem Herren.


Das Alter wird gerissen

Zwar an dein strenges Joch,

Die Jugend pflegstu doch

Am meisten ein-zu-schliessen.


Du machst dich in die Wangen

Der Frawen-Bilder hin,

Vnd führst den starcken Sinn

Der Männer so gefangen.


Was keine Macht kan brechen,

Kein Stahl, kein fallend Bley,

Was keine Tyranney,

Weist endlich du zu schwächen.


Du hast die Welt gelehret

Das, was sie gutes hat,

Daher auch Dorff vnd Stadt

Dir billich zugehöret:


Daß wir die Felder bawen,

Nach Ehr vnd Güttern stehn,

Tieff in das Erdreich gehn,

Vns Wind vnd Wellen trawen,


Wodurch wir zugenommen,

In aller Pracht vnd Zier,

Muß eigentlich von dir,

Du Welt-Bereicher, kommen.


Du endest Angst vnd Leiden;

Greiffst du, O Amor, an

Vnd hilffst, so träget man

Des Creutzes Last mit Frewden.


Durch dich muß alles werden,

Was Vieh vnd Menschen noht,

Ohn dich kömpt weder Brodt

Noch Wein-wachs aus der Erden:


Wie schön die Vögel singen,

Wie fröhlich durch das Meer

Der Fische Schaar, das Heer

Der Thier' im Walde springen;


Wie lustig sich mit Täntzen

Das Volck der Sternen macht,

Wie helle bey der Nacht

Sie vmb den Mond her gläntzen,


Wie schnell der Sonnen Räder,

Wie lieblich Lufft vnd Wind,

Wie angenehm vns sind

Die Brunnen, Flüsse, Bäder.


Doch were nichts zu spüren

Von allem, was man kennt,

Wenn du das Regiment

Nicht, Amor, soltest führen.


Glückseelig ist die Stunde,

Kriegt anders Zeit hie stat,

Da Gott gezeugt dich hat,

Aus seines Hertzens Grunde!


Man hat von keinen Plagen

Da jrgends wo gewust,

Vnd nur von lauter Lust

Vnd Frewde können sagen.


Da war kein Haß verhanden,

Kein Argwohn vnd kein Streit,

Fried' vnd Gerechtigkeit

Sind umb dich her gestanden.
[101]

Man sieht auch jetzund Leben

Vnd grosses Wolergehn

An allen Orten stehn,

Wo Du dich hinbegeben.


So komm nun, dein Begnügen

Vmbschließ' auch dieses Paar

In Eintracht jmmerdar,

Die Ehlich jetzt sich fügen!


Du bist es, den wir singen,

Du vnd das wahre Gut,

Der vns das liebste thut,

Gott selbst für allen Dingen.


Wir werden angetrieben

Zu sagen: Er allein

Muß selbst die Liebe seyn,

Die Er so rein kan üben.


O selig, selig weren

Wir Menschen allerseit,

Die wir durch Haß vnd Streit

Erbärmlich vns verzehren,


Wenn doch auch vns die Liebe,

Die alles hie vnd da,

Vnd selbst den Himmel, ja

Am meisten Gott treibt, triebe!

Quelle:
Simon Dach: Gedichte, Band 1, Halle a.d.S. 1936, S. 99-102.
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