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[16] 7. Febr. 1633.
Freund des Himmels vnd des allen
Was dem Himmel mag gefallen,
Hertzlich sind wir zwar betrübt,
Daß du von vns weg bist kommen,
Vnd hast eine dir genommen,
Der du vnd die dir beliebt.
Nicht daß wir dich solten neiden,
Daß der Liebe süsses Leiden
Numehr durch ein zartes Bildt,
Welches du zu diesen Dingen
Dir lesst an die Seiten bringen,
Wird vermehrt vnd bald gestillt.
Nein, wir wünschen noch von Hertzen,
Daß Ihr also möget schertzen,
Daß von euch, Ihr frisches Paar,
Was in diesem newen Leben
Ihr euch beyde werdet geben,
Zeugen mög ein jedes Jahr.
Sondern warumm wir vns kräncken
Ist, daß wir daran gedencken,
Wie wir nun so lange Zeit
Immer sind gefunden worden
In der trewen Freundschafft Orden,
Vnd in rechter Trawligkeit.
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Wie daß doch der Menschen Sinnen
Sich so können lieb gewinnen,
Daß sie sind wie einverleibt,
Sich so gantz genaw vmbfassen
Vnd nicht gerne sich verlassen,
Keins nicht von dem andern bleibt?
Dieß hat Theseus gezwungen,
Daß er vngeschewt gedrungen
Durch der finstern Höllen Pfort,
Dies hat Diomedt gemachet,
Daß er die Gefahr verlachet,
Vnd den Feind bey Nacht ermordt.
Freundschafft, die was weiter gehet
Vnd nur nicht in Worten stehet,
Wünscht ein stets beysammensein,
Ist beharrlich in den Nöhten,
Lesset sich viel lieber tödten,
Alß sich trennen Noth vnd Pein.
Dieses ist, worumb wir eben
Wünschen noch mit dir zu leben,
Aber weil es Gott gefellt,
Der dich auff den Staub der Schulen
Anderweit nechst keuschem Buhlen
Auch zu seinem Dienst bestellt,
Müssen wir hie sein vergnüget,
Wie der Höchst' es hat gefüget,
Wünschen dir vnd deiner Braut
Wahre Liebe, Heil vnd Stärcke,
Gottes Geist auch zu dem Wercke,
Daß er selbst dir anvertrawt.
Wollen aber vnterdessen
Deiner nimmer nicht vergessen,
Von dir reden alles best',
Vnd sind auch auff dein begehren
Kommen, bey dir einzukehren
Deine liebe Hochzeit Gäst.
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