Gesang der Legionen

[239] Durch Alpenschnee, durch Parthersand

Mit immer stetem Schritte,

Wir tragen mit das Vaterland

Und Römer Recht und Sitte.


Und wo der Feldherr Lager schlug,

Da kann uns Heimat werden:

Wir folgen unsrer Adler Flug

Und unser ist die Erden.


Und nach dem Sieg das Schwert gesenkt

Und Pflug geführt und Spaten:

Das Land, das römisch Blut getränkt,

Ward römischer Penaten.
[239]

Am Euphrat und am Donaustrom

Blüht heil'ger Dienst der Laren

Und rings ersteht ein kleines Rom

Zum Staunen der Barbaren.


Der Sumpf versiegt, der Urwald fällt,

Nahn sich des Liktors Stäbe:

Wir bringen eine schön're Welt:

Den Ölbaum und die Rebe.


Wir bauen Straßen von Granit,

Die noch in fernsten Tagen

Den eh'rnen Schritt, den Siegesschritt

Der Schlachtkohorten tragen.


Denn uns ist aus Orakelmund

Das Schicksalswort verkündet:

So ewig steht im Erdenrund

Das Römerreich gegründet,


So ewig ziehn von Pol zu Pol

Die römischen Legionen –

Als am betürmten Kapitol

Die ew'gen Götter thronen.

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 239-240.
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