Lied Walthers von der Vogelweide

[325] »Herr Walther von der Vogelweide,

wer des vergäße, tät mir leide.«

Hugo von Trimberg.


Herr Herzog, nein! nie werd' ich eigen!

Was Herrendienst und Hofesruhm!

Frei muß ich singen oder schweigen;

Dich soll ich loben und die Ahnen?

Nein, nimm zurück die Lehenfahnen:

Das Lied kennt nicht Vasallentum!

In meinem Herzen mahnt ein Klingen:

Auf, Walther, bleib' dir selber gleich, –

Laß andre Preis den Fürsten singen: –

Du sing' den Kaiser und das Reich. –


Herr Bischof, spar' die fromme Rede!

Die Treu' ist mir die frömmste Pflicht,

Des Staufers Fehd' ist meine Fehde: –

Mag ihn der Papst zur Hölle bannen,

Es trennt den Herrn und seine Mannen

Kein Papst und keine Hölle nicht.

Wer zagt, daß er des Himmels fehle,

Der beuge sich des Bannes Streich: –

Mir ist nicht bang für meine Seele,

Steh' ich zum Kaiser und zum Reich.
[325]

Habt Dank, ihr grünen Rebgelände,

Dank, Wirziburg, am gelben Main

Für gute Rast: – sie ist zu Ende! –

Zu euren Hulden, reine Frauen,

Empfehl' ich, die sonst mir vertrauen,

Im Winter die Waldvögelein: –

In Schleswig hallt's von grimmen Schlägen,

Hei, Schildeskrach und Schwertesstreich! –

Nun mag ein andrer Sanges pflegen:

Mich ruft der Kaiser und das Reich.

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 325-326.
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