Lied der Sachsen

[273] Herr Kaiser Karl, du meinst es gut

Mit uns verstockten Heiden:

In deines großen Reiches Hut

Willst sorglich du uns weiden,

Willst uns aus Wald und Heide fort

An deinen Hof verpflanzen: –

Herr Kaiser Karl, glaub' unserm Wort,

Wir taugen nicht zu Schranzen!

Nie wirst du uns vertreiben

Die stolze Lust an Wald und Au:

Wir wollen wild und frei und rauh,

Wir wollen Sachsen bleiben!


Herr Kaiser, du bist fromm und weis'!

In deiner Pfalz zu Aachen,

Da summen tausend Pfaffen leis'

In fremden, füßen Sprachen.

Du willst uns zu dem weißen Christ

In seinen Himmel bringen,

Wo's wieder wie zu Aachen ist:

Gold, Weihrauchduft und Singen! –

Herr Karl, das macht uns Grausen:

Wir wollen lieber allesamt

Nach Walhall, wo die Schildburg stammt,

Zu Wodan gehn und schmausen!
[273]

Herr Kaiser, wir woll'n steuern nicht

Zu Zehnten, Dom und Brücken,

Woll'n nicht das Haupt im Sendgericht

Vor deinen Grafen bücken!

Auf, schlaget alle Pfaffen tot,

Die Burgen brennet nieder,

Dem Donar und dem Sassenôt

Türmt Stein und Altar wieder!

Herr Karl kann uns verderben, –

Nicht zwingen, daß wir Knechte sind:

Auf, führ' uns, Herzog Wittekind,

Wir wollen lieber sterben!

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 273-274.
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