Heidelberg

[415] Wann silbern Mondlicht flutet

Durchs Schloß zu Heidelberg,

Aufleben seine Geister,

Fee, Kobold, Gnom und Zwerg.


In all' den toten Räumen

Wird wimmelnd Leben wach;

Es schwebt durch jed' Gewölbe,

Es webt durch jed' Gemach.


Vom hohen Rundturm flattert

Der Burgfee Schleier weiß,

Im tiefen Keller hämmert

Der Wichtelmännchen Fleiß.


Selbst durch das Faß, das alte,

Das Blut der Jugend rollt:

Hell funkelnd strömt's vom Spund ihm,

Das Rüdesheimer Gold.


Doch im verwachs'nen Garten,

Am murmelnden Brünnelein,

Da führen, hold vor allen,

Die Elfen ihren Reihn.


Und huschen durch den Efeu,

Und sprengen die Veilchen mit Tau,

Und haschen die Mondenstrahlen:

's ist eine selige Schau.
[415]

Und ewig mahnt das Mondlicht

Wer dieser Schau genoß,

Wie er sah die Elfen tanzen

Im Heidelberger Schloß.

Quelle:
Felix Dahn: Gesammelte Werke. Band 5: Gedichte und Balladen, Leipzig 1912, S. 415-416.
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