|
[553] Er war ein Dämon,
Welchem du nachahmst: –
Bist das auch du?
Er war des Weltgotts
Erkorenes Rüstzeug:
Jenem entsetzlichen
Attila gleich,
Welcher die Völker
Scheu vor sich hertrieb,
Scheu wie die Geißel
Den zitternden Knecht. –[553]
Doch als der grimme
Hunne vermeinte,
Solches vollführ' er
Aus eigener Kraft,
Und es drehe die Erde
Für ihn sich zum Spielball, –
Siehe, da ließ ihn
Die haltende Hand,
Und die hundertsträngige
Geißel zerbrach
Auf dem Feld von Châlons
Die germanische Faust.
Und als die Zeiten
Wieder im Schlamme
Müßiger Feigheit
Lagen versumpft,
Wählte die Gottheit
Ihn sich zum Schwerte,
Den korsischen Mann:
Ihn, der aus härtestem
Erz war gegossen,
Aus dunkelgewaltigem
Heldenmetall.
Riesengedanken
Auf finsterer Stirne,
Und das nimmer bezwungene
Schwert in der Hand: –
Also durchschritt er
Den stöhnenden Weltteil,
Jedes Wort eine Tat,
Jeder Tritt ein Triumph.
Und wie zu gottge-
Sendetem Unheil[554]
Schauten zu ihm
Die Völker empor:
Ihn haßte der Gute,
Ihm fluchte das Recht, –
Doch sie zollten ihm staunend
Grausende Ehrfurcht:
Denn Er war gewaltig,
Ein Heros der Nacht. –
Doch als er für immer,
Ein Henker der Freiheit,
Schwang über die Häupter
Der Völker den Stahl, –
Siehe, da ließ ihn
Die haltende Hand,
Und das nimmer bezwungne
Korsische Schwert –
In Stücke zerbrach's
Auf dem flandrischen Feld
Die germanische Faust. –
Er war ein Dämon,
Welchem du nachahmst, –
Bist das auch du?
Bist du des Weltgotts
Erkorenes Rüstzeug,
Daß du dich solchen
Erkühnens vermißt?
Seh' ich die Häupter
Mit Graun sich dir beugen
Wie vor geahntem
Rächer des Herrn? –
Mit Zorn und mit Abscheu
Schaut dir ins Auge[555]
Und mit heiligem Stolz
Jeder wackere Mann!
Wo sind die Zeichen
Göttlicher Sendung?
Sprich, wo des Heros
Erhabene Spur?
Nein, du verschmitzter
Tyrann von Paris,
Nächt'ger Gewalttat
Tückischer Held, –
Du bist kein Bote
Des ewigen Gottes! –
Oder ist's dennoch
Himmlische Schickung?
Kamst du den Meinen
Zu Frommen und Heil?
Darum die Gluten
Heil'ger Begeist'rung,
Wie rings sie entbrannt sind
In Süd und in Nord?
Sind sie die Feuer-
Zeichen der Eintracht?
Scharet mein Volk sich
Um Einen Altar,
Endlich den alten,
Flucherblichen Hader
Opfernd in Flammen
Des edelsten Zorns? –
O dann wird rasch
Dein Geschick sich erfüllen!
Heil uns, dann wandern
Die Völker aufs neu'![556]
Über die Alpen,
Über das Rheintal
Flutet der Deutschen
Versammelter Strom:
Wieder für alle
Stämme der Erde
Ringet und blutet
Und siegt mein Volk,
Übet sein altes,
Sein ritterlich Amt,
Vorfechter zu sein
Für die Völker zumal,
Vorfechter der Freiheit,
Der Zucht und des Rechts:
Und wiedereinmal
Vor dem Tor von Paris
Zertrümmert die Kette
Der blut'gen Gewalt
Die Rechte des Herrn:
Die germanische Faust.
Buchempfehlung
»Wenn die Regeln des Umgangs nicht bloß Vorschriften einer konventionellen Höflichkeit oder gar einer gefährlichen Politik sein sollen, so müssen sie auf die Lehren von den Pflichten gegründet sein, die wir allen Arten von Menschen schuldig sind, und wiederum von ihnen fordern können. – Das heißt: Ein System, dessen Grundpfeiler Moral und Weltklugheit sind, muss dabei zum Grunde liegen.« Adolph Freiherr von Knigge
276 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro