Was will der Wind?

[237] Tief aus der Nacht, die nirgends endet,

Sieht eine Kerze neben mir in mein Gesicht,

Die ihren Schein wie eine Glorie lautlos spendet,

Und lebt als heller Geist vor meinem Augenlicht.


Der Wind kreist um das Haus, das er bespricht,

Wie einer, der Beschwörung weiß und Bann.

Was will der Wind? Was will denn ich und was das Licht?

Wo wohnt der Geist, der einst uns drei ersann?


So fragt die Stirn voll Wissenslust,

So fragt die Liebe nicht.

Sie sagt und zieht die Liebste mir an meine Brust:

Ein jedes Leben ist aus Inbrunst ein Gedicht.


Quelle:
Max Dauthendey: Gesammelte Werke in 6 Bänden, Band 4: Lyrik und kleinere Versdichtungen, München 1925, S. 237.
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