Siebenter Auftritt.

[229] Vorige. Hr. v. Kiel anfangs auf der Mauer.


HERR VON KIEL kuckt über die Mauer. Holla, hier sind Leute, hier geht's nicht. Verschwindet.

ERNESTINE für sich. Ich glaube, er scheut sich auch vor mir, ich muß nur machen, daß ich fortkomme. Laut. Ach Fräulein, was hab' ich gethan!

ELISE. Nun?

ERNESTINE. Den Speisekammerschlüssel habe ich mitgenommen, was fängt nun die Christiane an?

ELISE. O welche Vergeßlichkeit!

ERNESTINE. Ich will rasch zurücklaufen.

ELISE. Das Schloß ist zu weit, Du kämest zu spät zurück, der Gang muß dann heute unterbleiben.

ERNESTINE. Ach nein, Sie haben der alten kranken Marthe sagen lassen, Sie würden sie heut besuchen, nun freut sie sich gewiß so sehr darauf; nein, nein, Sie dürfen nicht ausbleiben.

ELISE. Du hast Recht, aber allein zu gehn bin ich doch zu furchtsam, es könnte dunkeln, wenn ich auf dem Rückweg wäre.

LANDRATH. Wäre ich doch hinter dem verwünschen Thurm hervor!

ERNESTINE in die Scene blickend, als sähe sie jemand kommen, laut, um sich dem Landrath verständlich zu machen. Ich sehe den Landrath, der kann Sie begleiten.[230]

ELISE. Bleib doch, Mädchen, wie kann man ihn dazu auffordern?

ERNESTINE wie vorher. Warum denn nicht? Er wird ja sein Glück nicht ganz und gar mit Füßen treten. Geben Sie Ach, ich bin kaum zwei Minuten von Ihnen fort, so ist der Landrath bei Ihnen. Links ab.


Quelle:
Eduard Devrient: Dramatische und dramaturgische Schriften, Leipzig 1846, S. 229-231.
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