3. Ein Blatt aus der Knabenzeit

[7] Ich möchte schlafen gehn

Dort auf den grünen Matten;

Dort, wo die Tannen stehn,

Möcht' ich in ihrem Schatten,

Befreit von Herzensqual,

Zum letztenmal

Die blauen Wolken sehn

Und ewig schlafen gehn.


O langersehnte Lust,

Die Menschen zu vergessen

Und diese heiße Brust

In feuchten Tau zu pressen!

Kein Laut im weiten Raum –

Ein letzter Traum –

Und alles ist geschehn.

So möcht' ich schlafen gehn.
[8]

Ich habe lang' gewacht,

Von süßer Hoffnung trunken,

Nun ist in Todesnacht

Der Liebe Stern versunken.

Fahr' wohl, o Himmelslicht!

Ich klage nicht –

Doch wo die Tannen stehn,

Da möcht' ich schlafen gehn.


(1841.)


Quelle:
Ludwig Ferdinand Schmid: Dranmor’s Gesammelte Dichtungen, Frauenfeld 41900, S. 7-9.
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