IV.

Gedächtniß, welches sich während der grossen Sommerhitze verlohren.

[6] Ist wohl ausser dem folgenden Zufall, noch ein mehrerer Beweiß nothwendig, daß die weniger oder mehr vollkommenere Organisation unsers Gehirns das Gleichgewicht der Vollkommenheit der Handlungen unserer Seele ausmache? Das Gedächtniß eines Kindes von acht Jahren war ein solches Spiel der Abwechslungen der Luft, daß es zur heißen Sommerszeit alles das wieder vergasse was es gelernet hatte; und wenn es wieder kühl wurde, so bekam es in Zeit von zwey bis drey Tagen sein völliges Gedächtniß wieder; und wann die Hitze wiederum neuerdings einfiele, so unterliese dieses thermometrische Gehirn niemals durch seine Vergessenheit den Zustand einer mehr erhitztern[6] Himmelsluft anzuzeigen. Es wird aber dafür gebetten, daß unsere Materialisten dieses Gehirn nicht an ihren Siegeswagen anhängen: indem es ganz im geringsten nicht unsere Absicht ist, ihr Lehrgebäude dadurch zu verstärken.


van Svvieten, Tom. I.


Hermogenes von Tarsus, welcher im Ende des zweyten Kirchen-Seculi lebte, und mit fünfzehen Jahren die Rethorik gelehrt, und in seinem achtzeheuden Jahr die zehen Bücher verfertiget hatte, die wir von ihm haben, vergaß im vier und zwanzigsten Jahr alles wieder was er gewust hatte.


Traité Histor. des Enfans devenus célebres etc. par M. Baillet, p. 389.

Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 6-7.
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