LXII.

Periodische und sympathetische Blattern an dem Finger.

[127] Folgender Umstand, der von dem Herrn Hoin, geschwohrnen Wundarzt zu Dijon1 ist, kann füglich zu einen Anhang der vorhergehenden Bemerkung dienen. »Im Anfang des Monats Novembers A. 1726. geschahe es, daß ein junger Mensch, der sich mit einer Stecknadel in den Zeigfinger der linken Hand bey der Nagelwurzel leicht gestochen hatte, diesen Finger aus Muthwillen in die Scham eines Mädchens steckte, bey der man keine venerische Krankheit argwohnte, und die auch jederzeit behauptet hat, daß sie zu keiner Zeit damit wäre angestecket gewesen. Sie hatte aber an diesem Tag ihre monatliche Zeit zu erwarten, die sich auch des andern Tages wirklich einstellte.


Der junge Mensch bekam an eben diesem Tag an diesem Finger eine kleine Blattern einer Erbsen groß, an dem Ort, wo er sich gestochen hatte; sie gieng vier Tage lang in die Schwürung und vertrocknete wieder von sich selbst. In dem folgenden Monat zeigte sich diese Blatter wiederum und verschwande wieder auf die vorige Art;[128] welches richtig alle Monate zu der Zeit, da das Mädchen ihre Reinigung hatte, erfolgte. Die Blattern kam aber nicht allezeit an dem Ort zum Vorschein, wo sich der junge Mensch gestochen hatte, sondern bisweilen zwey oder drey Linien weit davon weg, aber allezeit auf dem Rücken des zweyten oder dritten Gliedes dieses Fingers.


Im Anfang des Monats May A. 1728. wurde mein Vater ersuchet, diese Geschwulst zu heilen. Er ließ sie mit dem Diachylon-Pflaster und dem alten Theriac zum schwären bringen. Das Uebel hatte zwar diesen Mitteln nachgeben müssen, kam aber ein Monat nachher, dieser Operation ungeachtet, wieder. Darauf gebrauchte mein Vater die anziehenden Mittel, die eine starke Schwürung erregen, er brannte darauf einige Tage lang alle Morgen den Grund der Blattern der nur die Oberfläche der Haut angriefe, mit dem Höllenstein, und Abends legte er über den verletzten Theil ein wenig Mercurial-Salben, und ein einzigesmal ließ er dem Kranken zu Ader und purgierte ihn auch einmal.


In dem folgenden Monat kam die Blatter nicht mehr wieder, und seit dieser Zeit an war der junge Mansch von dieser Beschwerlichkeit befreyet, ohne daß ihm irgend ein anderer verdrüßlicher Zufall weder in den innern noch äusseren[129] Theilen weiters zustiesse. Er genoß noch A. 1734. einer vollkommenen Gesundheit.«


Welche besondere Wirkung der Gährung der monatlichen Reinigung! Sollte man nicht aller Wahrscheinlichkeit nach geglaubet haben, daß diese Blatter nicht eher, als mit der monatlichen Reinigung dieses Mädchens vergehen würde?

Fußnoten

1 Journal de Medec. tom. 3. p. 15.


Quelle:
[Dumonchaux, Pierre-Joseph-Antoine] : Medicinische Anecdoten. 1. Theil, Frankfurt und Leipzig 1767 [Nachdruck München o. J.], S. 127-130.
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