Schlummerhaft

[32] Wieder an dem späten Abend

Lieg ich auf dem Kanape,

Alle Welt ist schlafengangen,

Hab ein Lied mir angefangen,

Träume von der hohen See.


Wo auf heimgewandtem Schiffe

Ein verliebter Dichter sitzt,

Wo die stummen Wolken jagen,

Wo die sanften Wellen schagen,

Wos am Himmel ferne blitzt.


Wo der Mond am Meeressaume

Wie die gelbe Rose blüht –

Alles in bewegter Stille,

Wo die Seele sonder Wille

Sich erschließet zu dem Lied –
[32]

Aber ich in enger Stube

Nicke beim Gedanken ein,

Daß er sich zum Traum verflechte,

Und die schwarze Zeit der Nächte

Fülle mit belebtem Schein.

Quelle:
Ludwig Eichrodt: Leben und Liebe, Frankfurt a.M. 1856, S. 32-33.
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