Der Rittmeister

[3] Eine Schwadron am Waldessaum,

Schwarze Husaren. Stehn wie der Baum,

Die Linke am Sattelknopf.

Vergoldet vom letzten Tagesstrahl

Pferdehals, blitzender Reiterstahl,

Kolpak und Totenkopf.


Dreißig Schritte vor der Front

Der Rittmeister grell übersonnt,

Den Säbel mähnenquer.

Tief in die bleiche Stirn gerückt

Die Pelzmütze, späht er vorgebückt,

Mit Geierblick umher.


Links auf leichtem Schimmel dicht

Sein Trompeter, ein flachsblond Milchgesicht.

Der sieht mit leisem Graun

Ihn reglos halten auf dem Fleck,

Wie festgewurzelt Mann und Scheck,

Ein Bild aus Stein gehaun.[3]


Säbelwink! Signal! Tra–a–ab! Trab!

Nun jagt der Victoria die Kränze ab,

Und wenn sie die Hölle verschanzt.

Mit hartem Huf stampft Feld und Frucht

Schnellfüßige Siegeseifersucht,

Dass Kraut und Scholle tanzt.


Hurra! in den Feind! Dragoner sind's. Drauf!

Walkt sie, Jungen! Haut sie zu Hauf!

Klinge an Klinge blitzt.

Der Rittmeister mitten im dichtesten Knaul.

Rechts herab, links herab, hoch vom Gaul.

Und jeder Hieb, der sitzt.


Das ist ein Zerren, Stich und Stoß,

Ein Sinken, Stürzen sattellos.

Brüllend prallt Wut in Wut.

Und wie verzogen sind Staub und Schwall,

Geglättet ruhn die Wogen all,

Im Sand verrinnt die Flut.


Zerrissen Ross und Reiter, weh!

Gefallen wie Halme im Sommer jäh,

Vorm Siegessichelschlag.

Am Boden bügellos Held an Held,

Reiterlos rasen die Pferde durchs Feld,

Blutrot stirbt der Tag.


Nur einer entkam. Ihn trug sein Scheck

Mit hastendem Huf aus Schlacht und Schreck.[4]

Der Strauß war fast zu heiß!

Er schlägt von der Attila Staub sich und Sand

Und wischt sich mit der flachen Hand

Aus Augen und Stirn den Schweiß.


Ein hämisch Grinsen kriecht hervor,

Zieht ihm den Mund von Ohr zu Ohr:

Heut war's nach meinem Sinn.

Dann wendet seinen Gaul im Schritt

Und brütet neuen Grausenritt

Der Tod still vor sich hin.


Quelle:
Gustav Falke: Mynheer der Tod. Hamburg 1900, S. 3-5.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Mynheer der Tod
Mynheer Der Tod Und Andere Gedichte (German Edition)

Buchempfehlung

Raabe, Wilhelm

Der Hungerpastor

Der Hungerpastor

In der Nachfolge Jean Pauls schreibt Wilhelm Raabe 1862 seinen bildungskritisch moralisierenden Roman »Der Hungerpastor«. »Vom Hunger will ich in diesem schönen Buche handeln, von dem, was er bedeutet, was er will und was er vermag.«

340 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon