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[248] 1632.
Es ist ja zu beklagen:
auf eins in zweien Tagen
sind zwei Geschwister hin.
Zwei junge Stammessprossen
sind nun auf eins verschossen;
diß schmerzet unsren Sin.
Um was wir gestern weinten
und nicht zu trösten scheinten,
das machte Held August.
Heut' ursachst du, du Liebe,
das wir so sehen trübe
und schlagen an die Brust.
Er war der Helden Herze,
du aller Schönen Kerze,
so ie gewesen sein.
Dich preist man unter Deinen.
Ihn rühmt man unter Seinen,
weil keins nicht war gemein'.
[248]
O Nymphe, deine Blüte,
dein himmlisches Gemüte,
dein tugendvoller Geist
macht, daß wir duppelt müssen
auf Tränen sein beflissen
und was uns Trauren heißt.
Was man an dir nur sahe,
das war dem Himmel nahe,
daher du warest auch.
Nichts mochte dir belieben,
was dunkeln kan und trüben
der Eitelkeiten Rauch.
Dein Leben war ein Leben,
das stets dem Tod' ergeben
und willig kunte sein,
wenn einst der Schöpfer käme
und wieder zu sich näme
was er dir vor blies ein.
Nur uns deucht es zu schnelle,
daß du von deiner Stelle
und uns gewichen bist.
Doch war es selbst dein Wille,
daß du Gott hieltest stille,
wie tut ein wahrer Christ.
Du fromme Menschgöttinne,
nun hastu völlig inne,
wornach du hier gestrebt.
Worauf du bist gestorben,
das hastu nun erworben
und tot uns überlebt.
Itzt müssen deine Stralen
das Blaue schöner malen,
uns rauben des Gesichts.
Du fünkelst in den Sternen
und blickest her von Fernen
auf dieses große Nichts.
Die güldnen Cherubinnen
bemühn sich, was sie können,[249]
und dienen stets dir auf.
Der Engel edle Scharen
zu hunderttausent Paren
begleiten deinen Lauf.
Wenn wird es doch geschehen,
daß wir auch können sehen,
was du schon siehest itzt,
wo jene drei Personen,
die doch nur Eins sind, wonen,
und wo Gott selber sitzt?
Sei, seelge Seele, seelig
und zeuch auch uns allmälig
dir nach und Himmel an!
Was uns von dir verbleibet,
mit dem du warst umleibet,
sei ehrlich beigetan!
Diß, was wir hier verscharren,
will deiner Ankunft harren
auf jenen großen Tag.
Die Erde sei ihm leichte,
so dar ein Ieder reichte,
der ihn zu lieben pflag!
Dein Grab, das müsse blühen,
mit Lilgen ganz verschnien
und aller Blumen Zier!
Kein Wind, kein Schnee, kein Regen
soll deiner Gruft entgegen
und sein beschwerlich dir.
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Deutsche Gedichte
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