5. 1632

[330] Als einsmals Krieg und Tod

die Pleiße hielt umschlossen,

und für der großen Not

die Schwestern zitternd flossen,

auch nun der Hirten Schaar[330]

fast ganz von dannen war

aus Furchte der Gefahr:


da sprach der Sylvius

zu Tityrus, dem treuen:

»Sind wir noch um den Fluß,

den Hirt- und Heerden scheuen?

Freund, höre doch mein Wort:

laß uns auch machen fort

an einen sichern Ort!«


Wer gläubts, wie Korydon

sich über dem betrübte?

»Zieht«, sprach er, »ihr darvon,

die ich so innig liebte,

so muß ich trostlos hin

zu meinem Tode ziehn,

eh' als ich unpaß bin.


Tut diß, soll ja Eins sein:

laßt mir alhier die Heerden,

setzt sie zu Pfänden ein,

daß wir uns wieder werden!

Was mein Verhängnüß hier,

wart' ich bei der Revier

und euer Gut mit mir.«


»Mit Willen«! sprachen sie.

»Wirstu uns nur erhalten,

wer achtet dieses Vieh?

Pan mag darüber walten!«

So ließ ihm an dem Fluß

ein Ieder samt dem Kuß

Ade, den letzten Gruß.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 330-331.
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