41. An Anemonen, die Liebste

[440] Anemone, meine Wonne,

meines Herzen stete Zier,

meine Klarheit, meine Sonne,

kanst du diß denn gläuben dir,

daß, was dir mein Mund verspricht,

meine mein Gemüte nicht?


Nicht so, Liebste. Laß dir sagen,

es ist ein betrogner Wahn,

der dich heißt um etwas klagen,

das dir doch nicht fehlen kan.

Was betrübt dich Zeit und Ort?

Wahre Liebe hält ihr Wort.


Nacht und Tag und alle Blicke,

gehn auf dein Gedächtnüß hin.

Was von Seufzen ich verschicke,

heiß' ich Alles zu dir ziehn.

Und die Tränen meiner Pein

send' ich, Schatz, zu dir allein.


Ach nun, Anemone, gläube,

was du dir selbselbst sagst zu,

der ich eigen bin und bleibe,

Anemone, das bist du.[440]

Anemone, meine Zier,

du nur bist die Liebste mir!


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 440-441.
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