15. Er redet sich selber an

[498] Was ist es denn nun mehr, daß du so hungrig bist

viel Länder durch zu sehn bei Regen, Frost und Hitze,

durch Wildnüß und durch See zu kommen an die Spitze,

wo Leute, die man ehrt? Ernährst du, was dich frißt,


die Faulheit dieser Zeit? Vernimst du noch die List

des leichten Wahnes nicht, wirst willig arm vom Witze

an Mangel reich zu sein? Bist keinem Stande nütze?

Bleibst allzeit ungeehrt und ewig ungeküßt?


War dieses nun dein Zweck Sophien so zu hassen,

Olympen Feind zu sein, Hygeen zu verlassen?

Tu Rechnung von dir selbst, von dir und deiner Tat!


Doch, du bist wider dich. Die Sehnsucht fremder Sachen,

was wird sie dermaleins noch endlich aus dir machen,

weil auch dein eigner Rat bei dir selbst Stat nicht hat?


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 498.
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