7. Zum Abschiede, als einer von der Liebsten verreisete. Auch nach demselbigen

[494] Ade! Du hartes Wort! Mit Furchten muß ich scheiden,

mit Sorgen muß ich weg. Denn wie man sonsten spricht,

so pflegt Abwesenheit zu löschen aus das Licht,

das angestecket ist im Herzen unsrer Freuden.


Drum weil mir diese Furcht erregt ein solches Leiden,

das mich vorher stößt an, so tu ich unrecht nicht,

daß ich ein Tränenbad gieß auf mein Angesicht,

ob nicht ein Fremder sich für mich an euch mag weiden.
[494]

Doch scheid' ich anders nicht, als auf des Vogels Art,

der, weil er durch das Garn zuvor gefangen ward,

so oft zurücke muß, so oft er auf begehret.


Lieb, euer Angesicht ist mir an Bandes Stat,

da mein gefangner Geist sich ein verwirret hat,

daß, wo ich auch nur bin, er wieder zu euch kehret.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 494-495.
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