98. Noch an einen

[534] So reise denn auch du, du freundlicher Smaragd,

zu meiner Freundin hin und lasse dir behagen,

daß eine solche Hand dich förderhin soll tragen,

die auch, wie keusch du bist, dich doch noch keuscher macht.


Sei um sie, wenn sie schläft, sei um sie, wenn sie wacht.

Oft wird sie dich von mir und meiner Liebe fragen.

Halt' andrer Steine Brauch, die nichts nicht wieder sagen;

schweig, was du siehst und hörst und nim dich selbst in Acht.


Geschicht es etwan denn, daß sie dir in Gedanken

ein feuchtes Küßlein reicht, so heb' es auf für mich

bis morgen gegen Nacht. Und wolten etwan sich


die Lüfte, die es sehn, hierüber mit dir zanken

und mir es bringen eh', als ich mich stellet' ein,

so send' es mir durch sie und laß es heimlich sein.


Quelle:
Paul Fleming: Deutsche Gedichte, Band 1 und 2, Stuttgart 1865, S. 534.
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