Melrose-Abbey

[349] Und willst du des Zaubers sicher sein,

So besuche Melros' bei Mondenschein;

Die goldne Sonne, des Tages Licht,

Sie passen zu seinen Trümmern nicht.

Wenn die Bögen und Nischen im Schatten stehn,

Die Ecken und Pfeiler wie Silber sehn,

Wenn das weiße, kalte, zitternde Licht

Um den Mittelturm seine Girlanden flicht,

Wenn die Strebepfeiler sich wechselnd reihn,

Halb Ebenholz, halb Elfenbein,

Wenn's schneeig auf allen Gräbern liegt

Und die weißen Figuren noch weißer umschmiegt,

Wenn das Rauschen des Tweed, weitab gehört,

Wie Summen die nächtige Stille stört –

Ja, dann tritt ein: bei Mondesschein

Besuche Melros' und – tu es allein.


Quelle:
Theodor Fontane: Sämtliche Werke. Bd. 1–25, Band 20, München 1959–1975, S. 349.
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