XXIII.


Der verfluchte Kriegs-Raht.

[194] Es seynd drey Haupt-Quellen / daraus alle Blutstürtzungen ihren Ursprung nehmen; Neid / Geitz / und Ehr-Geitz. Solche drey vergifftete Blut-Quellen hat der Satan am ersten / zu der menschlichen Seelen /eingeleitet: und dieser ists / der auch noch / auf den heutigen Tag / die grosse Blut-Adern eröffnet / womit die Welt / sonderlich das vierdte Theil derselben /nemlich Europa / anjetzo noch beströmet wird. Zu diesen[194] dreyen Quellen kommt nicht selten noch die vierdte / nemlich der Blutdürstige Aberglaube / und grobe Irrsal in der Religion / Trenn- und Spaltungen der Kirchen; daraus / Welt-bewusster Massen / offt gantze Ströme von Blut entspringen; indem mans /bey dem Feder-Kriege / nicht bewenden lässt; sondern auch / mit dem Schwert / die Strittigkeiten entscheiden / oder zerschneiden will. Jemaln entdeckt sich auch wol die fünffte Quelle; nemlich die Rachgier /wegen einiger empfangener Beleidigung: und dieselbe ist gemeinlich mit Ehrsucht vermengt. Denn wann mancher hochsüchtiger Stats- oder Kriegs-Raht / oder sonst ein andrer ansehnlicher Mann / der das Hertz eines Potentaten / nach seinem Wunsch / leiten kann /sich entweder nicht gnug geehrt / oder / in seinem Begehren / unvergnügt findet; kann er ein Feuer aufblasen / das viel Städte und Länder verzehrt.

Uber jetzt-gemeldte / giebt es noch etliche Neben-Quellen / als Aufruhr / und Rebellion. Wiewol diese /aus den vorigen offtmals zu entspringen pflegen.

Weil nun alle solche Antriebe / und Bewegnissen nicht von GOtt; so kann auch das / daraus entzündete / Kriegs-Feuer nicht von GOtt / sondern von dem höllischen Mordbrenner seyn.

Hievon werden ausgenommen die Schutz-Kriege /so zu unumgänglicher Vertheidigung einer gerechten Sache / wann kein gütlich- und billiger Versuch stat findet / nothdringlich beschlossen und vorgenommen werden müssen: welche man so wenig / als eine Obrigkeitliche Rache / so durch[195] das Schwert ausgeführt wird / verwerffen kann: daferrn man nicht dabey der Grausamkeit Platz giebt / auch alles Unternehmen /auf einen billigen Frieden / richtet. Ausser solchem Fall werden alle Kriegs-Fackeln in der Höllen angezündet / und solche Feuer-Brünste / von keinem andren / als bösem Geist / aufgeblasen. Denn wann GOTT / über ein Land / hart zörnet / lässt Er / durch sein Verhengniß / diesen seinen bösen Ketten-Hund ein wenig los / und giebt zu / daß derselbe herrschsüchtigen Häuptern / oder deren Rähten / durch sein geheimes Eingeben / die glimmende Füncklein der Kriegs-Gierde in volle Glut und Flammen bringe.

In den Göttlichen Lehr- und Geschicht-Büchern /finden wir dessen gar deutliche Exempel. Als der Satan merckte / daß in das Hertz Davids ein Füncklein der Ehrsucht gefallen; reitzte er denselben / auf GOttes Zulassung / daß er Israel liesse zehlen: und wo GOtt dem David nicht / durch einen scharffen Verweis / wie auch mit dem Straff-Schwert der Pestilentz / das Gepränge der grossen Heer-Macht versaltzen hette / dörfste gar leicht dieser König / von solchem bösen Anreitzer / weiter verführt worden seyn /zu würcklicher Anwendung solcher grossen Kriegs-Macht; darüber denn Israel leicht auf die Schlachtbanck hette fallen können: Wie dann auch / unter der /von GOtt gegebenen Willkühr aus dreyen Straff-Ruten eine zu erwählen / eine dreyjährige Flucht vor dem Widersacher begriffen war.

Den Ahab überredete ein Geist / der ein falscher Geist / in aller seiner Propheten Munde /[196] ward / daß er in den Streit gen Ramoth ziehen sollte.

Eben derselbige falsche Geist weissagt noch heut wol / durch eines gleissenden und scheinheiligen Prophetens Mund / diesem oder jenem grossen Herrn / er könne GOtt nicht besser dienen / denn so er seine Waffen / wider die und die wende; und überredet ihn /er verdiene damit einen Stuhl im Himmel / indem er darüber die Höllen-würdigste Thaten begeht.

Als Xerxes / zu Nachts / auf seinem Lager / ruhete / oder vielmehr / wie ein Krieg- und herrschsüchtiger Monarch / in der Unruhe schlaff-los lag; tratt daher ein schwartzer und schrecklich-gestalteter Mann / der ihn zum Krieg / wider Griechenland / vermahnte. Derselbige schwartze Gast kam / in in folgender Nacht /abermal / sprach / wie vorhin / und drohete zugleich dem Könige ein Unglück / auf den Fall weiterer Verweigerung.

Seines Vatern Bruder / Artabanus / wollte es ihm ausreden / vorgebend / es wäre ein Traum / darauf man nicht gehen müsste / und widerrieth den Krieg gar sehr: Aber demselben erschien hierauf dasselbige Gespenst auch im Traum / fuhr ihn hefftig an / und schien ihm / mit einem glühendem Eisen / die Augen auszubrennen; mit fernerer Bedrohung eines noch grössern Ubels / imfall er sich gelüsten liesse / durch seine Abmahnung / diesen fatal Krieg (den das himmlische Geschick beschlossen hette) zu verhindern. Allermassen Herodotus solches bezeugt.1 Wie schön aber dieser höllische[197] Würg-Engel den Xerxes angeführt; ist der gantzen Welt / noch auf heut / bekandt.

Wann Belial / und seine Rotte / Lust gewinnen / zu baden / brauchen sie ehrsüchtige Stats- und Kriegs-Rähte zu Einhitzern / die Stat-Stuben eines herrsch-süchtigen und meyneydigen Königs zur Bad-Stuben /und Menschen-Blut dazu / für Wasser: welches ihnen erstgemeldte Einhitzer / die bösen Rähte nemlich / zu tragen müssen. Für welche Mühe / dieselbe auch nicht unbelohnt bleiben. Denn / in dieser Zeit / empfahen sie dafür / von grossen und mächtigen Höfen / reiche Geschencke / und / nach dieser Zeit / wird ihnen die tieffe Ehre / daß der König aller Mordgeister / Lucifer / ihnen wieder ein Warm-Bad zurichtet / das viel Schwefel führet / und darinn ihnen heiß genug eingeschwärmet wird.

Bey den Römern / war beschlossen / daß derjenige / welcher den Fluß Rubiconem (heut Rugone und Pisatello) mit einer Armee / passirete / für einen Feind deß Römischen Volcks sollte gehalten werden. Derwegen als Julius Cæsar, mit seinen Völckern / am Ufer dieses Flusses / still lag / ging er bey sich zu Raht / was er thun wollte; wandte sich derhalben / zu denen / so nechst um ihn stunden / und sagte: Noch können wir umkehren! Wann wir aber / über jenes Brücklein / gemarschirt / so muß hernach Alles / mit dem Degen / ausgemacht seyn. Da ließ sich / am Wasser / ein sehr langer Mann unversehns sehen / welcher auf einem Riete pfiff. Als nun viel Soldaten hinzu lieffen / und / unter andren / auch die Feld-Trompeter; riß das Gespenst Einem derselben die[198] Trompeten (oder Heer-Posaune) aus der Hand /sprang damit hervor ans Wasser / bließ gar starck den Marsch / und begab sich / nach dem Gegen-Ufer /hinüber. Hierauf sprach Cæsar: So gehe es dann /wohin die Zeichen der Götter / und der Widersacher Unbilligkeit / uns fordern! Es sey drauf gewagt!2

Nicht unfleissiger / sondern tausendmal eyfriger /ist dieser Blut-dürstige Geist beschäfftigt / unter den Christen ein Kriegs-Feuer aufzublasen. Bald erregt er Verfolgungen der christlichen Religion / unter den Heiden; wie / vor nicht vielen Jahren / in dem mächtigen Königreiche / Japan / und Sina / wiewol in dem ersten am blutigsten / geschehen; bald / unter den Christen selbsten; als der rechte rote Drach / der sich /und seine Schuppen / in dem Blut der Christen / je länger je mehr / zu färben strebt / und nach dem Weibe / die das Knäblein geborn / einen Anfechtungs-Strom über den andren schiesst; laut deß alten Lateinischen Sätzleins:


Impiis ardens odiis & irâ

Nam tuis castris Draco semper infert

Bella, qui primus scelus atque mortem

Intulit orbi.


Hic domos, urbes, tua templa, gentes,

Et tuæ legis monumenta tota,

Et bonos mores, abolere tentat

Funditus omnes.


Massen der Drache / so vor Wüte brenner /

Täglich das Lager deines Heers berennet:

[199] Welcher die Sünde / Tod / Gefecht und Wunden /

Erstlich erfunden.


Dieser will Kirchen / Häuser / nebenst Städten /

GOttes Gesetze sämtlich untertretten:

Christliche Sitten suchet er zu kürtzen /

Kürtzen und stürtzen.


Greifft GOtt ihm denn endlich / in den Zügel /durch Wegräumung blutgieriger Ahitophels- und Hamans-Gesellen / und Verleihung kluger / gewissenhaffter / sanfftmütiger Rähte; durch welche Er das Hertz der Könige und Fürsten / von Vergiessung unschüldiges Christen-Bluts / und Verfolgung der Glaubens-Bekenner ablencket: so richtet er / durch Ehr-und Herrschsucht / unter christlichen Potentaten / eine Blutstürtzung an; damit die Erde dennoch / auf allerhand andre Weise und Wege / mit Christen-Blut überschwemmt / und die Hölle / an ruchlosen Leuten /desto reicher werde.

Auf daß nun die Menschen deutlich erkennen mögen / daß dieser Mord-Engel / bey so unnöthigen Kriegen / ein falscher Geist / in derjenigen Staats-oder Kriegs-Rähte Munde / sey / die ihre Herren / mit ihrem bösen Raht / wie eine / von Bosheit schwellende / Otter / mit ihrem Gifft / anblasen; verhengt der höchste GOtt / daß solches der böse Feind selbst bißweilen durch ein gespenstisches Wesen / oder auf andre nachdenckliche Weise / gar mercklich blicken lässt.[200]

Dahin kann auch diese Frantzösische Begebenheit gerechnet werden / welche in der Normandie ehedessen sich zugetragen.

Es hatten der König von Franckreich und Engelland / eine persönliche Zusammenkunfft daselbst bestimmt: kamen auch würcklich zusammen / in einer alten Kapell / und besprachen sich miteinander / gar höf- und freundlich; also / daß man die beste Hoffnung hatte / es würde hiedurch der Krieg ein Loch kriegen / und der / auf folgenden Tag bestimmte /Friedens-Schluß glücklich vor sich gehen.

Aber was geschicht? Indem beyde Potentaten / in so leutseliger Unterredung / begriffen / und der Handel zwischen ihnen schon so gut / als beygelegt: kommt eine ungeheure grosse Schlange / aus einem Loch selbiger alten Kapellen / hervor / fängt an zu zischen / und wendet sich gegen beyde Könige. Diese ziehen von Leder / um sich / für dem erbosstem Ungeziefer / zu schützen. Doch traut Keiner dem Andren mehr; sondern springen Beyde / mit blossem Degen /zur Kapellen / hinaus.

Die Trabanten / so nicht wissen / was es bedeute /reissen gleichfalls / zu beyden Seiten / das Eisen aus der Scheide / und stellet sich jedwede Parthey um ihren König; gleich als sollte es / auf ein Gefechte /loß gehen.

Diß geschahe / im Angesichte beyder gegeneinander stehenden Armeen. Welche da sie / von fernen /erblickten / daß beyde Könige / samt ihren Leuten /gegeneinander blanck stünden / alsofort einander angriffen. Die Könige lieffen zu / und[201] wehreten / nach aller Möglichkeit / ab; aber vergeblich: der Mißverstand nahm es anders auf / nemlich für eine Ermahnung / zum tapffren Gefechte. Also geriethen sie hefftig aneinander / und thaten eine grausame Schlacht zusammen / mit solcher Verbitterung / als hetten sie /an stat Bluts / lauter Galle in sich. Das Treffen währte / biß in die finstre Nacht; und blieben / zu beyden Seiten / viel tausend auf dem Platze.

Hieran kunnte man nachmals erkennen / daß der höllische Friedens-Stöhrer das Friedens-Gespräch /durch die grosse Schlange / zerrissen; indem er entweder selbst / unter der Gestalt einer Schlangen / erschienen / oder eine natürliche Schlange / zum Loch hervor getrieben: damit die Könige darüber erschrecken / und zum Degen greiffen / auch folgends ihre Kriegsheere / zu einem Treffen / verleitet werden mögten.

Im Anfange der Regierung Keysers Conradi / deß Dritten / lebte ein gottsfürchtiger Lehrer und eyfriger Heiden-Bekehrer / Namens Vicelinus, in Wagria, und zwar fürnemlich zu- und um Lübeck / herum: welcher / so wol bey dem vorigen Keyser / Lothario / als hernach auch bey andren grossen Herren / eine ernstliche Anstalt auswirckte / vermittelst welcher die unglaubige Sclavi mögten / zum Christlichen Glauben / befordert werden.

Durch dieses christ-eyfrigen Priesters gläubiges Gebet / seynd nicht wenig Krancken geheilet / und unterschiedliche vom bösen Geist besessene solches ihres verdammten Besitzers ledig worden.[202]

Man brachte aber / unter andren / einsmals eine Jungfrau / mit Namen / Ymme, zu ihm / welche der böse Feind gar übel plagte. Demselben setzte er hart zu / mit ernstlicher Frage / Warum er / als ein unreiner Geist / sich unterstanden hette / in diese reine Jungfrau / die doch ein Gefäß und Tempel deß Heiligen Geistes wäre / zu fahren? Worauf der Geist / mit vernehmlicher Stimme / antwortete: Darum hab ichs gethan / weil sie mich nun / zum dritten Mal / offendirt und beleidigt hat.

Womit (fragt er wiederum) hat sie dich dann beleidigt?

Damit (sagte der Teufel) daß sie mich in meinem Geschäffte verhindert hat. Ich habe zweymal etliche Diebe abgefertigt / in ein Haus zu brechen: da saß sie am Feuer-Heerd / machte gleich ein Geschrey / und schreckte sie zurück. Und jetzt / da ich / unsers Fürsten wegen / eine Gesandschafft in Dennemarck zu verrichten hatte / fand ich sie unterwegens / meinem Vorhaben verhinderlich. Weßwegen ich / weil sie mir nun / zum dritten Mal / einen Anstoß gemacht / beschlossen / mich an ihr zu rächen / und zu ihr hinein gerollet bin.

Als aber Vicelinus viel Beschwerungen wider ihn häuffte; sprach er: Was treibst du mich viel? da ich doch ohne dem bereit bin freywillig auszufahren: Denn jetzo werde ich bald nach dem nechsten Städtlein3 wandern /[203] und meine Kameraden besuchen / die sich allda heimlich aufhalten. Denn das habe ich in Befehl / zu thun / ehe dann ich nach Dennemarck reise.

Vicelinus fragte: Wie ist dein Nam? Und wer seynd deine Gesellen? Und bey was für Leuten halten sie sich auf?

Er sprach: Ich heisse Rufinus. Meiner Kameraden aber / nach welchen du fragst / seynd allhie zween; einer / beym Rothesto; der andre / bey einem Weibe eben in dieser Stadt. Dieselbigen will ich heut besuchen. Morgen / ehe dann die Kirche den ersten Glocken-Streich geben lässt /werde ich wieder anhero kommen / Abschied zu nehmen / und alsdann nach Dennemarck gehen.

Diß gesagt / ist er von ihr gewichen / und die Jungfrau / von ihrer Plage / zur Ruhe gelangt. Vicelinus befahl / man sollte sie / mit Speise und Tranck / laben / und morgen frühe / vor ein Uhr / wiederum zur Kirchen führen: Welches auch also ins Werck gestellet ward.

Indem aber die Eltern sie / folgenden Morgens /hinbegleiteten zur Kirchen / fing der Geist an / ehe dann sie die Kirchthür-Schwellen betraten / und als eben der erste Glocken-Streich geschehn sollte / sie wiederum zu plagen. Aber dieser gute Hirt / Vicelinus, hörte nicht auf / ihn zu bestreiten / biß er / durch die Macht und Krafft deß über ihn herrschenden grossen GOttes getrieben ward (wie der alte Chronist / Helmoldus, redet) zu weichen / und von ihr ausfuhr.[204]

Was er aber / von dem Rothesto, vorher gemeldet hatte / das erfolgte also würcklich / und erschrecklich. Denn derselbe ward / bald hierauf / von dem bösen Feinde / besessen / und erhing sich selbsten. So erhub sich gleichfalls / in Dennemarck / eine grausame Verwirrung / nachdem der König Erich erwürgt war: also / daß man augenscheinlich spühren kunnte / es müsste ein gewaltiger Teufel dahin gekommen seyn / selbiges Königreich zu verunruhigen / und den Leuten grosse Drangsalen zu erwecken. Um welcher letzten Begebenheit willen / wir die Erzehlung / von der besessenen Jungfrauen / mit beygefügt haben: um dadurch zu zeigen / wie die abgesagte Feinde menschliches Geschlechts / die leidige Teufel / selbst bekennen / ja sich damit rühmen / und groß dabey duncken lassen /daß sie / zu den Kriegs-Empörungen / Rebellionen /und andren Plagen der Christen / Raht und That geben.

Es beschreibt aber diese Geschicht vorgenannter Helmoldus, im ersten Buch seiner Sclaven-Chronic /am 55 Capittel.4

Daraus hetten die Kriegs-Stats- und ungewissenhaffte Gewissens-Rähte hoher Häupter zu mercken /wem sie den besten Dienst thun / und wer ihnen die Zunge regiere / wann sie ihren Königen / oder Fürsten / zu unnöthiger Vergeudung deß Christen-Bluts / oder auch zu tyrannischer Verfolgung / rahten; nemlich dem grausamen Mord-Geist: der / an jenem hohen /grossen / offenbaren / und schrecklichem Gericht /ihnen weisen und bekennen wird / weß Geistes Kinder und Diener[205] sie hie gewest. Alsdann muß der Anstrich und Verniß ihres gleissenden Vorwands weichen / und die Blösse ihrer schändlichen Heucheley /für dem Sonne-Strahl der Warheit / sich schämen /wann GOtt wird ans Licht bringen / was im Finstern verborgen war.

Daß der Satan / zu Blut-Bädern / Lust habe / und /durch sein Eingeben / dieselbe anrichte / wird uns folgende Abentheuer bestetigen.

Svercher, der Dritte deß Namens / König der Schweden und Gothen / wollte / als er / nach Absterben Königs Canuti, zur Kron erhaben war / den Tod seines Vaters / Königs Caroli deß VII, welchen Canutus hatte umbringen lassen / an dessen Kindern nicht ungerochen lassen / und kunnte nicht ruhen /bevor er einen Theil derselben / mit dem kalten Eisen / aufgeräumt / den übrigen / nach Einziehung der Güter / in die Acht erklährt hette: in Meynung / sich /und seine Famili / desto besser deß Reichs zu versichern. Welches doch viel gewisser / durch Clementz und Güte / weder durch Tyranney / geschehn können. Denn durch dieses scharffe / und unbillige Verfahren lud er deß Volcks / sonderlich der Upländer / Haß auf sich / als die der Famili deß H. Erici (dessen Sohn König Canutus gewest) sehr günstig waren / und entstund endlich gar ein einheimischer Krieg daraus. Denn Einer von den Vertriebenen / Namens Erich /kehrte / aus Norwegen / da er zwey Jahre / als ein Exulant / sich aufgehalten / in sein Vaterland; erregte das / gegen ihm wol-geflissene / Volck / wider den König Svercher, und brachte eine grosse Macht auf.

[206] Olaus, Bischoff zu Upsal / hette gern Unglück und Blut verhütet; rieth derhalben / als ein Engel deß Friedens / dem Könige / Er sollte vielmehr / durch gütlichen Vergleich / weder durch einen oder andren mißlichen Streich / dem Kriege ein Loch machen / und deß bürgerlichen Bluts schonen: er verdiente aber /für solchen treu-meynenden Raht / keinen Danck /sondern Undanck. Wie dann gemeinlich / wann GOtt straffen will / guter Raht unwerth ist: weßwegen auch die Verständigen es / für eine Anzeigung deß obhandenen Unglücks / achteten / daß der König solchen nicht annehmen wollte.

Indem nun solche Kriegs-Wolcken aufstiegen / und das Königliche Schwert der Scheiden überdrüssig war; geschahe es / daß in Norwegen / Einer / um die Abend-Zeit / zu einem Hufschmied kam / der Tor Vot hieß / und auf dem Norwegischem Vor-Gebirge / Fisle, wohnte. Denselben ersuchte der Fremde / um Herberge / und daß man ihm sein Pferd beschlagen mögte. Welches der Schmied verwilligte. Und ob gleich die Eisen grösser schienen / als der Huf deß Rosses: fand sichs doch / beym Anlegen / daß sie gantz gerecht und gemäß dazu.

Der Schmied fragte hernach ungefähr: Wo er / die vorige Nacht / gewest? Er antwortete: In Medeldal / und zwar meistens in dem nördlichen / bey Tilemarck. Und als Jener wiederum fragte / Wo er dann /in der vorgestrigen Nacht / übernachtet hette? sagte er: Im Kiefylcher Jardal.[207]

Da hub der Schmied an / überlaut zu lachen / und sagte: Nun! das ist eine ziemliche! Du kannst / wie ich spühre / tapffer schneiden! Denn dieser Weg ist viel zu weit / und die Oerter sind viel ferner voneinander entsessen / als / daß man sie / in so kurtzer Zeit / überreisen sollte.

Der Schmied fuhr hiernechst noch weiter fort / zu fragen; Wer er wäre? von wannen? und wo er hin gedächte? Er gab hierauf zur Antwort: Ich bin / aus dieser Nord-Gegend / daher gekommen / und habe lange / in dem See-Kriege / gewandelt. Jetzt gedencke ich in Schweden / und will mich / eine Zeitlang / dieses Pferds gebrauchen. Mein Nam ist Oden. (Oden aber / oder Odin / hiessen die Norweger / vor Alters / ein Gespenst / das den Leuten viel Händel zu machen pflegte / sonderlich da sie noch Heiden waren / und den Odium etwan für einen schädlichen Abgott hielten) Wo du mir nicht glaubst; so schaue nur zu / was mein Pferd für Schritte thue.

Gleich damit setzte er / mit dem Pferde / über einen Zaun / der sieben Elen hoch war; fuhr folgends gar schnell in die Höhe / und verschwand.

Dieser schnelle Reuter ist ohne Zweifel deß Königs Svercheri unwissendlich-geheimer Kriegs-Raht / oder Director deß damaligen Kriegs-Rahts / gewest / auf dessen Einblasen / er seine Sache nicht auf gütlichen Vertrag / sondern auf den ungewissen Schwert-Streich / gegründet: angemerckt es / vier Tage hernach / zu einer blutigen[208] Schlacht / gekommen / die dem König Svercher mißlungen. Denn ob er gleich / mit Volck /gnug versehn / dazu / von dem Dennemärckischen Könige / Waldemar / mit sechszehen tausend Mann verstärckt war: lag er / im Treffen / dennoch unten /und ward auffs Haupt geschlagen. Nachdem er sich wiederum erholt / erneuerte er / über zwey Jahre hernach / den Krieg / und wagte noch eine Schlacht: darinn er selber / samt seinem Feldherrn / und vielen andren von der Ritterschafft / ums Leben kam.5

Ein dergleichen Odinus ist ohne Zweifel / vor etlichen Jahren / in Franckreich eingekehrt / und hat nicht allein daselbst dem Kriegs-Raht fleissig beygewohnt /sondern auch bishero die Mord-Fackeln / oder den grausamen Mordbrand / angegeben womit diese /sonst in der Christenheit vordem berühmte und gewaltige Nation / nicht allein die verbrannte Städte /Flecken / und Dörffer / sondern auch zugleich ihre eigene Reputation / in die Asche gesetzt.

Fußnoten

1 Herodot. lib. 7.


2 Vid. Sueton. in Jul. Cæsare l. 1. c. 32. p. 6.


3 Beym Helmoldo steht zwar villa: aber weil er nachmals dafür oppidum setzt; habe ichs ein Städtlein geteutscht.


4 pag. m. 132. seq.


5 Loccenius lib. 3 Historiæ Suecanæ in Sverchero III. p. 80. seq.


Quelle:
Francisci, Erasmus: Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller [...]. Nürnberg 1690, S. 194-209.
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