XXIV.


Das Gespenstische Kriegs-Getümmel.

[209] Theophrastus Paracelsus ist / in der Artzeney- und Kurirung deß Leibes / offt vortrefflich / und ein ungemein-glücklicher Medicus; in der Kuhr deß Gemüts und der Seelen / wovon er seinen Schrifften hin und wieder viel mit eingestreuet / hingegen ein ungeschickter Artzt gewest / beydes mit Lehr und Beyspiel: wie dieselbe gestehen müssen / die seine Schrifften nicht obenhin gelesen: daher es / so viel die Glaubens- und Lebens-Richtigkeit angeht / wol redlich mit ihm geheissen / Artzt hilff dir selber!

Gleichwol trifft man / unter mancherley Unkraut deß Irrthums / und Aberglaubens / nicht selten auch /in seinen Büchern / gleichwie in einem verwildertem und übel-gewartetem Garten / jemaln doch auch einige wolriechende Blumen / an; davon aber die übel riechende selten ferrn bleiben. Er setzt / sag' ich / bißweilen einige gute Belehr- und Erinnerungen; über wenig Zeilen aber hernach / gemeinlich auch etliche irrige dazu. Daß also die Schrifften dieses Weltberühmten Manns / (der auch sonst / in der Gold-Kunst / nebst der Feder / die grosse Scheeren ziemlich gebraucht) einem trüben Wein / so voller Hefen ist /gantz ähnlich.

Für ein solches Gemisch der Warheit und Irrthums / kann auch angesehn werden das Urtheil / welches er / von dem Umgehen der Verstorbenen /[210] und von den Vorzeichen bevorstehender Kriegs-Empörungen / fellet: dergleichen sich / in diesen seinen Worten entdeckt.

Wo die Rumpel-Geister gehen / und ein Kriegs-Geschrey gehört wird; da ist grosses Blut-Vergiessen obhanden. Deß freuen sich die Teufel / lachen und spielen einige Zeit vorher / davon / als wollten sie sprechen: Wir haben da ein gewisses Spiel! Sehe ein Jeglicher auff sich selbst / wer da præfigurirt wird; daß er sich bessere / und leide die Busse. Und ihr Klöster / so vorhin gewisse Zeichen habet / erfreut euch dessen nicht: es seynd klägliche Zeichen. Solches ermesset / aus eurem Leben / das ihr führet.

Diese Vermahnung ist gut / und nicht zu verwerffen. Aber Nachgesetztes / so er gleich hinan gekleckt / das hinckt gleichsam mit einem Fuß / nemlich an dem einem Gliede dieser Rede: Dann es müssen alle Dinge wieder vergolten / und hinwieder / mit auffgehäuffter Masse / gemessen werden: alsdann so geschicht der Eingang zum Reich GOttes / und davor (oder eher) nicht. Darauf verstehet das Klopffen der Todten / allein zu vergleichen ihr Ubels gegen dem Nechsten.1 Das ist: wie ichs begreiffe / das Klopffen der Todten geschicht dieser Meynung / daß man dasjenige / so sie ihrem Nechsten / bey Leben zu kurtz gethan / wiederum solle ersetzen.

Daß Niemand / wann er seinem Neben-Christen[211] wissendlich Ubels zugefügt / oder etwas entwendet /bevor er solches / so viel möglich / wiederum vergütet und erstattet hat / ins Reich Gottes komme / ist gewiß: wann es verstanden wird / von der Erstattung /so bey Leben geschicht. Daß aber / nach dem Tode /der Seelen kein Eingang ins Reich GOttes zugestanden werde / bevor alles / mit gehäuffter Masse / wiederum gemessen worden; stelle ich an seinen Ort: sorge aber / derjenige / so in mutwilligen Sünden und wissendlicher Auffhaltung ungerechten Guts / abstirbt / werde das Angesicht Gottes / in Ewigkeit wol nicht schauen; es mag gleich / nach seinem Tode / Jemand der Seinigen / das Genommene wieder geben / oder nicht: wiewol auch dieser eben so wol sich befleckt /so er wissendlich ein unrechtes Gut behält / und nicht von dem Erb-Gut ausmustert / daß es wiederum an seinen rechten Herrn gelange / dem es entzogen worden. Denn GOtt sihet fürnemlich nach dem Hertzen deß Absterbenden. Wann darinn der böse Fürsatz noch steckt / das Entwendete nicht wiederzugeben: so kommt die Seele / vor Gottes Gericht / wie eine Diebinn / und hat ihr Urtheil / als eine Diebinn / zu gewarten. Ob ihrs aber / wann ihr Erbe das Entfrembdete seinem rechtmässigen Herrn wieder zueignet /künfftig / an jenem grossen offenbaren Gerichts-Tage / etwas erträglicher deßwegen ergehen werde / wird uns solcher Gerichts-Tag selbst offenbaren. Wann Einer / im Diebstall / ergriffen ist; so schilt ihn das weltliche Gericht gleichwol einen Dieb: ob gleich alles Gestohlene / durch seine Eltern / oder Freunde /bezahlt würde. Denn das Recht ist dennoch gebrochen.[212]

Wir setzen aber dieses hiemit auf die Seiten / was Theophrastus von den klopffenden Geistern der Todten / hat hinangehenckt; und ziehen zu weiterer Betrachtung das Vorderste / welches er / von den Krieg-weissagenden Rumpel-Geistern / und Krieg-deutendem Geschrey / sagt. Daß solches kein falscher Wahn / noch Einbildung / sey / wird / durch mancherley Begebenheiten / beglaubt.

Im Weinmonat 1608ten Jahrs / liessen sich / im Lande Angolesmé in Franckreich / bey liechtem Tage / am Himmel / viel kleine Wölcklein sehen: welche hernach auf die Erde fielen / und zu einer Menge Kriegs-Volcks / sich formirten / welches man ungefähr auf eine Armee von zwölfftausend Mann /schätzte. Die Personen solcher Mannschafft hatten eine schöne und gerade Länge / Waffen / blaue Fähnlein / Trummelschläger / und ihren eignen Feld- Hauptmann; zogen gar ordentlich / gleich einem marschirendem Kriegs-Heer / daher: weßwegen die Leute / in der Nachbarschafft / flohen / ihre beste Sachen zusammen rafften / und hinweg fleheten. Da sie nun /zu einem grossen Walde kamen / fingen sie gewaltig an zu schiessen; und verschwanden darauf alsofort /nachdem sie ihren Heerzug / um 1 Uhr nach Mittage angefangen / und / biß fünff gegen Abend / fortgesetzt: da sich Alles / im Augenblick / verlohren.2

Dergleichen Gespenstisches Kriegs-Heer hat / wie man / bey dem Polnischen Bischoff und Geschicht-Verfasser / Cromero / lieset / eins Mals[213] die Polen verführet / und in Niderlage gebracht. Denn als Ladislaus / ein Schloß in Pommern belagert hatte; erblickten die Schildwachten / zu unterschiedlichen Malen /viel Kriegs-Hauffen: weßwegen die Polen endlich / in Meynung / es wären rechte natürliche Regimenter /denselben entgegen ruckten. Inzwischen aber fielen die Belägerte heraus / verbrannten den Polen ihre Hütten und Lager-Zelte / nöthigten auch dieselbe damit / wegen obhandenen Winters / unverrichteter Sachen / abzuziehen.

Ob aber solche Fürstellungen / von guten / oder bösen Engeln / geschehen / kan man nicht alle Mal wissen. Vermutlich lässt es GOtt / wann er die Nothleidende dadurch erretten / oder auch die Frommen warnen will / bißweilen durch gute Engel / verrichten. Als wie Er dort die Syrer ein Geschrey hören ließ /von Rossen / Wagen / und grosser Heers-Krafft3 Welches Geschrey / ohne Zweifel / von guten Engeln /erweckt worden. Jedoch kan Er eben so wol zulassen /daß die böse Engel denen Tyrannen und Gottlosen /von welchen die schwächere und gerechtere Parthey überzogen / oder bestritten wird / auf dergleichen Art / einen Schrecken einjage / der sie / mit Spott / Schande / und Verlust / plötzlich zurück treibe.

Nicht selten gibt es auch wol / unter den Armeen oder Besatzungen / solche Künstler / welche geschwinde die Gestalt eines Kriegs-Heers / oder etlicher Reuter-Squadronen / zu wege bringen können. Dergleichen ich / in meiner Jugend / unterschiedliche Exempel / so in dem dreyssig-jährigen[214] Teutschen Kriege / so wol unter der Keyserlichen / als Schwedischen Armee / vorgegangen / glaubwürdig habe erzehlen hören.

Unter Königs Gustavi Adolphi Reuterey / soll ein gewisser Officirer / wann er sich / auf Parthey-Gängen / gegen einer stärckeren Parthey / zu schwach befunden / gleich ein paar Squadronen mehr / oder wol ein gantzes Regiment / dem Feinde ins Gesicht / und ihn dadurch in die Flucht gebracht / bisweilen auch wol etliche / die sonst an Mannschafft ihm überlegen gewest / mit sehr wenig natürlichen Soldaten / in Begleitung vieler unnatürlichen / aus dem Quartier ge schlagen und verjagt haben. Und auff Keyserlicher Seiten / hat der / damals sehr berüchtigte / Immer-nüchtern / mit eben dergleichen Stücklein / den Schweden manchen glücklichen Streich beygebracht /und trefliche Beuten gemacht; aber endlich / von dem Meister solcher Kunst / sich verlassen befunden / und in solcher verdammlichen Sünde / unter der Scheuren-Ritter- und Flegel-Fechter / nemlich der Bauren /ihren Knütteln / Aexten / und Wagen-Stangen / die ihm den gefrornen Leib mürbe geklopfft / seinen unseligen Geist auffgeben müssen / und kein solches Glück zuletzt noch gehabt / wie die zween erfahrne Kriegsmänner / von welchen Scherertzius schreibt /daß sie / bey seiner Zeit / aus solcher Mord-Gruben deß Teufels / durch GOttes Barmhertzigkeit / endlich noch heraus gezogen / und errettet worden.

Diese zween hatten sich / allbereit / eine lange Zeit / mit solcher Teufels-Kunst / im Kriege / beholffen /auch viel Andre dazu gleichfalls verleitet / und / unter andren Stücklein / gantze Compagnien / oder[215] Squadronen von Reutern / durch Gespenster / den Bauren /vorgestellt / wann sie Lust gewonnen / ein Dorff auszuplündern. Endlich hat GOtt diesen verblendeten Teufels-Sclaven / unter Anhörung seines Worts / das Hertz gerührt / daß sie den Greuel solcher Händel in Betrachtung gezogen / und in ihrem Alter / bey dem Ministerio (oder Dienern der Kirchen) sich demütig angegeben / und mit Bewilligung deß Raths daselbst /etliche Muster ihrer Teuffels-Possen daher gemacht /hernach offendliche Kirchen-Busse gethan / und seynd also / aus deß Satans Banden / gnädiglich erledigt worden.4

Eben deß Tages / als obbemeldter Schwedischer König / Gustavus Adolphus / in der Haupt-Schlacht vor Lützen / in Sachsen / geblieben / seynd ein paar Männer / in der Nacht vorher / mit einander auff der Reise gewest / als ihnen / nicht weit von dem Uplandischem Dorff Rasbokil, mitten auff einer Wiesen /die bey der Kirchen selbiges Dorffs ligt / plötzlich ein schreckliches Getöß / streitender Kriegsleute zu Ohren geflogen. Dabey ließ sich so mancherley Geschrey solcher Leute / die einander resolut zu fechten /anfrischen / oder auffeinander zuschmeissen / oder fliehen / oder den fliehenden nachsetzen / imgleichen so mancher Donner deß blitzenden Geschützes /hören / daß sie / vor übermachter Furcht / und Bestürtzung / nicht wussten / wohin sie sich wenden sollten. Und ob sie gleich / in der finstren Nacht / mit ihren Augen / nichts so eigentlich unterscheiden kunnten: bildeten sie sich doch nicht anders ein / als ihr Untergang wäre nicht weit / und[216] daß sie denen miteinander treffenden alle Augenblick müssten in die Hände fallen. Endlich seynd sie doch davon gestrichen / und in die nechste Nachbarschafft entlossen: da sie / in äussersten Schrecken / deß lieben Tages mit Verlangen erwarteten / und / weil / nach Anbrechung desselben / sich / in selbigen Feldern / nichts dergleichen ereignete / wovon ein solches Getümmel hette entstehen können / nunmehr genugsam verstunden /daß es ein gespenstischer Lärmen müsste gewest seyn.

Nicht lange hernach / kam die Zeitung in Schweden ein / daß die Schwedische Armade zwar ein Haupt-Treffen erfochten; aber dabey ihren König eingebüsst hette.5

Im Jenner deß Jahrs 1565 / wurden / auff den Bergen in Languedoe / viel seltsame Gespenster gesehn: Welche / in grosser Anzahl wie Feuer-Flammen / erschienen / und allzumal sonder Köpffe / sich mit abentheuerlichem verkehren / wenden / und springen /hefftig gegeneinander schlugen6 Wiewol ich zweifle /ob solches ein rechtes Gespenst / und nicht vielmehr ein natürliches Irrlicht / gewest. Denn die Irrwische werden nicht selten / von den vorbey reisenden / für seurige Männer angesehn / und springen bald zusammen / bald vonsammen. Doch treibt der Teufel bißweilen auch sein Spiel damit: wie / an einem andren Ort / allhie beschrieben wird.

Zu Riga / in Lieffland / erhub sich daselbst einsmals[217] (im Jahr 1665) bey Nacht ein solches Geräusch /auf freyem Markt / als ob viel Pferde vorhanden / und ein Hauffen Wagē nacheinander führen. Weil dann die Stadt-Wacht vermeynte / solcher Larmen / und Getümmel entstünde von irgend etlichen Nacht-Schwärmern / und ruchlosen Leuten; gedachten sie /dieselbe zu hinterschleichen / und zu fahen; kunnten aber Nimanden ertappen: weil alles Gespenst plötzlich verschwand.

Als man schrieb 1670 / erfuhr man / aus Paris / daß / zu Coupes in Touraine, am 5/15 Augusti / Abends um 10 Uhr / ein schreckliches Lufftzeichen / in Gestalt eines grossen langen und feurigen Balckens erschienen / und Männiglichen in Furcht gesetzt / er würde den Wald anzünden. Weßwegen auch der Marquis de Choupes stürmen ließ / und die Bauerschafft zusammen bringen: damit sie / aufs begebenden Fall /leschen mögten: Dessen es aber nicht bedurfft hat: weil dieses feurige Wesen sich selbst wieder in die Höhe gezogen / und / durch einen starcken Knall / in zwey Theile getheilt. Worauf man zwey mächtige Kriegs-Heere / in der Lufft / gegeneinander streiten gesehn: welche / in Kriegs-manierlicher Ordnung /eine gute Weile / scharff zusammen gefochten / und zwar so lebhafft / daß man auch den Knall deß Schiessens gehört. Diß währte so lange / biß die Uberwundene / in grosser Confusion und Unordnung /zurück wichen. Die Uberwinder aber blieben noch eine kleine Weile in schöner Postur / stehn. Zuletzt /ward Alles / durch einen starcken Wind / zu Bodem gerissen. Folgenden Tags hat man / in selbiger Gegend / viel Kolen und Asche gefunden. Inmassen vorbenamter [218] Marquis solches unterschiedlichen fürnehmen Herrn / durch Schreiben / zu wissen gefügt.

Von Berlin / schrieb man / unterm 8ten Januarii 1675sten Jahrs / daß sich daselbst / in der Stadt / und draussen um selbige herum / zu Nachts / biß an den lichten Morgen / eine Reuterey von vielen Regimentern in der Lufft sehen liesse / die so augenscheinlich gegen einander stritten / daß man das Handgemenge gar eigendlich erkennen / die Degen klingen hören /auch das Feuer der gelöseten Karabiner und Pistolen deutlich sehen / doch keinen Knall vernehmen können. Dabey ward berichtet / es wäre solches Gespenst zuletzt gar / biß an die Vorwachten / kommen / und dreyen Reutern auff die Haut gedrungen / hette auch dieselbe gar angerührt: welche / in Meynung / es wären rechte Männer / Feuer drauff gegeben: Anfangs hette man davon wenig oder nichts glauben wollen: als man aber nachmals nicht allein verschiedene Reuter / so die Wacht gehabt / selbst besprochen / indem es wol 8 Tage lang gecontinuirt / sondern auch ihre Officierer / die es mit angesehn / solches bekräfftigt; sey man bewogen worden / die Sache zu glauben.

Zu Anfange deß Heu-Monats 1677sten Jahrs /begab sich / zu Lübeck dieses / von viel hundert Leuten angeschautes / Wunder. Die Sonne wollte fast untergehen / als etliche tausend Kugeln heraus fuhren /theils wie Feuer-Mörsel- und Stück-theils wie Musketen-Kugeln / welche aus dem Abend gegen Mitternacht / als wie nach dem Thum-Hofe zu / geflogen /aber von dannen wieder zurück / nach dem Mühlen-Thor / und nach dem Morgen sich drehend / gegangen. Nachdem solches länger / als[219] eine Stunde / gewährt; seynd solche Kugeln / wie gelieferte oder bestandene Bluts-Tropffen / auff die Erden gefallen / etliche groß / etliche klein; und also / auff der Erden ligen blieben. Wenn man aber dieselbe aufgehoben /und das Blut zu fassen vermeynt / ist es weg gewest: Und wenn man die Kugeln wiederum nidergelegt / ist / wie zuvor Blut da gewest / und geblieben / biß es endlich verschwunden.

Eben in demselbigen Jahr eräugeten sich im Stifft Bremen / laut eines von dannen unterm 7ten Octobris abgegebenen / Schreibens / allerley böse Vorbedeutungen. Denn es liessen sich viel Gespenster / gleich gewaffneten Kriegsleuten / sehen; welche den Reisenden so entsetzlich fielen / daß auch die / aus Hamburg gehende / Post-Wägen deßhalben den Weg / bey Ottersburg / eine Weile nicht gebrauchen kunnten / sondern einen andren suchen mussten. Um selbige Zeit /soll sich auch / auff der Orler-Heide / eine Stunde von Bremervörde / ein grosses Kriegs-Heer präsentirt /und die Schildwachten ordentlich geruffen haben / Wer da?

Zwischen Lands-Kron in Schonen / und Barsebeck / hat es / am Grünen-Donnerstage (als am 17ten Aprilis Neuen Cal.) 1679sten Jahrs / um 9 Uhr / in der Lufft / ein Gefecht / abgegeben / nicht anders / als ob 13 oder 14. Truppen einander feindlich angriffen /und / mit Feuer begrüssten: Man kunnte alle Salven hören / auch Menschen und Pferde / an der Kleidung und Farbe / erkennen. Gemeldte Kriegs-Hauffen bunden drey Mal miteinander an / verfolgten hernach einander in Norden /[220] und kamen den Zuschauern allgemach aus dem Gesicht.

Eben desselbigen Jahrs / ist / in Engeland / eine Relation in Druck gegangen / darinn vermeldet worden / es hette sich / am 5ten Octobr. zu Rothwell / ein Lufft-Gesicht / in folgender Gestalt / presentirt: Erstlich sollte sich eine dick-finstre Wolcke aufgethan haben / daraus drey Männer hervor getreten / unter denen Einer / zur rechten Hand / in einem Priesterlichen Habit auffgezogen / sich zu einer finstren Wolcken genähert / und selbige mit seinen Waffen eröffnet: worauf man Blut und Wasser herum lauffen gesehn. Demnechst traten zwantzig andre Personen auff / in adlichem Habit: auff welche die drey erste Personen loß gingen / und sie mit Blut dergestalt beworffen / daß sie sich in Confusion retiriren müssen. Nach diesem sollte sich eine andre majestetische Person presentirt haben / deren Eine von den dreyen entgegen gegangen / und mit ihr geredet; indem die zwo andre hinter dieselbe getreten / und ihr alle Ehr erwiesen: Endlich habe man etliche Schüsse / und ein grosses Freuden-Geschrey / aber bald darauff ein Winseln der Sterbenden / gehört.

Als / am 23sten May / 1680sten Jahrs / in der Keyserlichen freyen Reichs-Stadt Lübeck / bey der Nacht / zwischen dem Frey- und Samsttage / die gewöhnliche Soldatesca / die Wache gehabt / hat so wol die Wacht am Mühlen-Thor / als die am Burg-Thor /gleich nach einem Viertheil über zwey Uhren (vor Tags) ein Geräusch in der Lufft vernommen / als ob eine Racquete darinn herum schwärmete. Da sich nun die Schildwachten darnach[221] umsahen / wurden sie gewahr / daß der Himmel gantz feurig und offen. Gleich damit geschahe ein Schlag / als ob eine Muskete würde gelöst. So erblickte sie auch eine aus dem Himmel herab hangende grosse feurige Kugel; und hernach noch zwo andre. Nachdem diese Bildung eine grosse viertheil-Stunde schaubar gewest; seynd sie /nechst dabey / einer andren Figur gewahr worden /vor welcher sich die vorige verlohren. Und endlich kam auch die dritte dazu. Was aber diese zwo letzte Figuren abgebildet / kann ich nicht sagen: weil die Franckfurter Relation / darinn dieses Lufft-Gesicht er zehlet wird / sich auff einen Kupffer-Riß deßfalls bezeucht / und doch solche Kupffer-Figur nicht dazugesetzt. Vermutlich seynd es auch Fürstellungen / militarischer Waffen oder Actionen gewest. Die Wacht kunnte nicht gnugsam sagen / wie erschrecklich sie anzusehn gewest.

Es hat aber dieses Gesicht / gleich wie es / im Norden / ein Viertheil nach 2 Uhr / hervor gekommen /also auch / im Norden / sich wieder verlohrn / und zwar / wegen anschimmrenden Tages / nemlich gegen halb 4 Uhr; aber mit vielem Knällen und Krachen. Es soll so erschrecklich seyn anzusehn gewest / daß die Schildwachten gestanden / ihnen wäre vor Angst / der kalte Schweiß ausgebrochen. Weßwegen sie auch ihren Wachten zugeruffen / die so bald heraus gekommen / und es also sämtlich angeschaut. Massen dann auch / von einigen Deputirten deß Rahts / so wol die Unter-Officirer / als Soldaten / deß Morgens / nach der Predigt / abgehört worden. Und hat ein Korporal /so die Wache damals mit gehabt / die gantze Erscheinung / weil er zeichnen können / dem Rath entwerffen müssen; wovon die[222] Copey / an unterschiedliche Oerter / versandt worden.

Ich zweifle zwar nicht wenig / ob dieses ein Gesicht / oder ein Gespenst / und nicht vielmehr ein natürliches Phænomenon, oder feuriges Lufftzeichen /sey zu nennen: in Betrachtung / daß die Natur mancherley feurige Figuren / als Kugeln / und dergleichen / in der Lufft / hervorbringt. Jedoch pflegt bisweilen auch was übernatürliches mit untergemengt werdē /den Menschen zur Warnung / oder zum Schrecken /entweder von den guten / oder bösen Geistern. Und weil über diese Lufft-Erscheinung / die Zuschauer so hart erschrocken: mag auch dieselbe wol / aus natür-und übernatürlicher Fügung / gemischt seyn: weßwegen wir sie allhie mit eingerückt. Im Aprilmonat 1684 J. erfuhr man von Leuten / die aus Jütland von Hadersleben nach Hamburg gereiset / daß der Fährmann zu Aestens-Fähr / und nebst ihm 20 Personen / von Morgen biß Abends zu 6 Uhren / in der Lufft / ein grosses Getümmel von Trompeten und Trummeln / mit grosser Bestürtzung / gehört / auch dabey gar eigendlich vernommen / daß der Marsch von Westen käme. Entsetzlich ist auch dieses gewest / was man / unweit Schwerin in Mechelburg / etliche Jahre zuvor / bey Nacht gehört unn gesehn; nemlich deß Tags / ein grausames donnern / und blitzen; und deß Nachts / etliche Schwerter und Sebel / so kreutz-weise übereinander gestanden. Unter dem währendem Donnerwetter / hat man einen starcken Lärmen / von Trummeln und Trompeten-Schall / mit einem erbärmlichen Zeter-Geschrey / Mord! Mord! vernommen: Welches bey die anderthalb Stunden / gewährt / und die Reuter / samt den Dragonern / bewegt / zu den Waffen zu greiffen; in Meynung / es wären feindliche Völcker vorhanden.

Fußnoten

1 Theophrast. Paracels. in libro Philosophiæ de Animabus Mortuorum.


2 Meteranus im 28sten Buch seiner Niderländischen Geschichte.


3 2. Reg. 7.


4 Scherertzius de Spectris, in fine Admonitionis decimæ lit. J.


5 Scheferus in Memorabilibus Sueticæ Gentis p.m. 12.


6 Franckf. Herbst-Relat. von An. 1665 / am 74ten Blat.


Quelle:
Francisci, Erasmus: Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller [...]. Nürnberg 1690, S. 209-223.
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