Auf eben desselben symbolum: Spe et Silentio

[202] Ich will schweigen. Mag's doch seyn,

Mag's doch biegen oder brechen,

Mitleid oder Tyranney,

Beides gilt mir einerley;

Las die Lästerzungen stechen,

Las die Misgunst Zeter schreyn,

Ich will schweigen, mag's doch seyn.


Ich will schweigen. Immerhin,

Immerhin, ihr falschen Freunde,

Last mich stecken, flieht und lacht,

Geht geheim, verstärckt die Macht

Meiner abgesagten Feinde,

Eure Flucht ist mein Gewinn.

Ich will schweigen, immerhin.


Ich will schweigen. Rast nur fort,

Rast nur fort, ihr groben Spötter,

Helft dem Glücke, das mich drückt,

Drängt die Unschuld, die sich bückt,

Und erregt noch größre Wetter,

Manchmahl bringt ein Sturm an Port.

Ich will schweigen, rast nur fort.


Ich will hofen. Hofnung siegt.

Die Gedult ist meine Stärcke,

Die Gelaßenheit mein Schwerd;

Wer sich mit Verachtung wehrt,

Thut im Streiten Wunderwercke,

Bis Gewalt und Boßheit liegt.

Ich will hofen. Hofnung siegt.
[203]

Ich will hofen als ein Mann.

Ob ich mich auch jezo schmiege,

Ob gleich niemand nach mir fragt

Oder mich nur treu beklagt,

O wer weis, wie bald sich's füge,

Daß ich andre retten kan.

Ich will hofen als ein Mann.


Ich will hofen unverzagt.

Mischt das Glücke gleich die Charten

Jezo ziemlich schlimm vor mich,

Nur Gedult, der beste Stich

Kommt auf stille seyn und warthen.

Falschheit, Glück und Feinde schlagt!

Ich will hofen unverzagt.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 3, Leipzig 1934, S. 202-204.
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