Cantate

[168] Dresden, in dem königl. Garthen


Aria.


Getrennt, allein und doch vergnügt!

Geh, Delila, mit Band und Schlingen;

Hier lern ich um den stillen Hayn,

Dir, falsche Seele, gram zu seyn,

Hier kan ich wieder ruhig singen.

Wen Lieb und Unbestand betriegt,

Der bleibt allein und doch vergnügt.


Recitat.


Geh hin, du falsches Blut!

Ich nehme freudig gute Nacht.

Das hätt ich doch noch nicht gedacht,

Daß Leonorens Wanckelmuth

Mich nicht mehr Thränen kosten sollte.

Vor die ich sterben wollte,

Die lies ich jezt mit Lust

Aus Schoos und Brust;

Das machen die verfälschten Triebe.

Ach Liebe!

Komm, komm doch, sanfter West,

Und trage diese Lieder

Hier, dort und hin und wieder

Und schwaz es allen Blumen vor:

Um dieses Lindenthor,

Wo Muschel, Blum und Waßer spielet,

Hat Damon seine Glut gekühlet,

Ja gar verlöscht.


Aria.


Edle Freyheit, komm zurücke,

Dir vermehl ich Hand und Herz.

Warme Grife, sanfte Biße,

Augen, Busen, Schoos und Küße[169]

Sind mir ein verhaster Scherz.

Flieht nur, flieht, ihr falschen Blicke!

Liegt nur, ihr entdeckten Stricke!

Da Capo.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 168-170.
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