Als er sie wieder zu besänftigen suchte

[47] Erzürnte Schöne, las einmahl

Den alten Unmuth aus dem Herzen

Und deiner holden Augen Strahl

Mit angenehmen Blicken scherzen!

Ich habe freylich viel versehn,

Doch ist's aus Vorsaz nicht geschehn,

Es sind vorwahr nur Schwachheitssünden.

Ein Mensch, der seine Schuld bekennt,

Der muß, so sehr der Eifer brennt,

Auf Reu und Buße Gnade finden.


Der Schaden, den ich dir gemacht,

Ist doch noch endlich zu ersezen.

Ach wüte doch nur mit Bedacht!

Du solst mich einmahl redlich schäzen.

Ich habe ja genung gebüßt,

Nachdem ich eine Lust vermißt,

Wozu du mich vorlängst erlesen.

Die Strafe nehm ich willig an,

Weil sie, wie ich nicht leugnen kan,

In etwas ist verdient gewesen.


Von nun an aber bitt ich dich

Bey deinen feuerreichen Augen:

Wirf Zorn und Eifer hinter sich

Und las dir meine Demuth taugen!

Dein klug- und aufgeweckter Geist,

Der sich aus allen Worten weist,

Macht, daß ich deinen Umgang liebe.

Fehlt mir Gelegenheit dazu,

So rathe, was ich jezund thu?

Dich ehr ich mit verschwiegnem Triebe.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 1, Leipzig 1930, S. 47-48.
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