[Die Morgenröthe deiner Jugend]

[318] [318] Auf das Nahmensfest der Jungfer Magdalena Sparrin, so A. 1722. den 3. August. [?] einfiel


Aria.


Die Morgenröthe deiner Jugend,

Du schon so früh galantes Kind,

Verspricht uns Rosen aller Tugend,

Die jezo noch in Knospen sind,

Und läst dich künftig auf der Erden

Gewis zur Schönheitssonne werden.


Wie glücklich mag sich der nicht schäzen,

Vor deßen Mund die süße Frucht

Der Lippen, die schon jezt ergözen,

Die Lust des reifen Alters sucht

Und welchem einmahl zu Gefallen

Die feuerreichen B(rüste) wallen.


Die Reizung an Person und Mienen

Nimmt wie der Wohlstand täglich zu:

Wie manche Freyheit wird dir dienen?

Wie manchem störstu schon die Ruh?

Wie manchem wird nach deinen Küßen

Der Mund vergebens wäßern müßen?


Ach sollt ich doch die Lust erleben,

Dich, schönstes Kind, als Braut zu sehn!

Wie würde sich mein Geist erheben,

Wie würden sich die Würbel drehn,

Wie wollt ich nicht die Laute zwingen,

Dir nach Verdienst ein Lob zu singen!


Indeßen steige dein Vergnügen,

So wie dein Werth und Alter steigt!

Nur las dich nicht den Schein betriegen,

Der auch die Klügsten oft betreugt,

Und wenn du lieben wirst, so liebe

Mit rein- und unverfälschtem Triebe.

Quelle:
Johann Christian Günther: Sämtliche Werke. 6 Bände, Band 4, Leipzig 1935, S. 318-319.
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