8. Scene.


[84] Vorige. Hochzeitlader. Wirt. Loisl. Resl. Muckl. Toni. Regerl. Modei und alle andern.


HOCHZEITLADER kommt mit einer brennenden Laterne und einem Spieße. Zwei mit Heugabeln bewaffnete Bursche folgen ihm und führen in ihrer Mitte die Braut; noch andere sind mit Besen, Stöcken etc. bewaffnet. So, da hätt'n wir's glücklich wieder eing'führt. Jetzt, Hochzeiter, halt's fest, dann laß' i die bewaffnete Mannschaft abtret'n. Exekutionstruppen! G'wehr bei Fuß! So – jetzt fahrt ab in der schönst'n Ordnung! Bleibt aber schön beieinander, denn der Loostanz geht gleich an![84]

BURSCHE UND MÄDCHEN. Juhe! Das is g'scheidt!

MUCKL zum Hochzeitlader. Daß du mir fein d' Loni mit dem Pauli z'samm'thust; das gibt a Mordsgaudi, i werd' nachher d' Loni schon noch a bisl kitz'ln, daß sie lachet wird, wenn's der Pauli zum Tanz holt.

HOCHZEITLADER der die Loose in seinen Hut füllt. Und di muß i halt mit der Nand'l z'samm'thun, gelt?

MUCKL. Das is g'wiß!

HOCHZEITLADER. Also her da zum G'spiel. Bub'n und Deand'ln! Jed's kommt an's Ziel! Seid's alle da?

ALLE. Ja!

HOCHZEITLADER. Net wahr is, da geh'n noch viel' ab! Franzerl geh' her, mach' du den Anfang! Also auf'paßt! Franzl hat gezogen und öffnet nun das Loos. Erstes Paar: die ehr- und tugendsame Jungfrau Franziska Reindl mit dem hochlöblichen Jüngling Kaspar Hintermeier!

KASPAR. Da bin i schon. Her zu mir Franzl! Er drängt sich durch die Gäste, faßt das Mädchen um die Hüften und mit einem Juhschrei schwingt er es im Kreise umher.[85]

HOCHZEITLADER. Sap'rment noch amal, i sieh noch so viel', die net da sind. Es scheint, i muß Jedem nachlauf'n. Wißt's was, Buab'n und Deand'ln – geh'n wir 'naus! Er geht ab durch den Hintergrund; der ganze Schwarm der Bursche und Mädchen drängt sich ihm lachend und jubelnd nach.

LOISL. Jetzt paß' auf, Resl, jetzt geht's an! D' Schuhsohl'n hab' i schon eing'schmiert, daß krach'n!

RESL. Mit dir tanz' i net, weil i mi scham'. G'rad vorhin hast wieder den Röthelbachbauer anbett'lt.

LOISL. Hab' i ihn anbett'lt? Wirklich? – Hab' schon g'meint, i hab' ihn vergeß'n!

RESL. Ja fürch'st di denn net vor dem Sünd'ngeld?

LOISL. Na, d' Sünd' büß' i ab und 's Geld steck' i ein!

RESL. Und mit so ei'm sündhaft'n Mensch'n soll i mi abgeb'n?

LOISL. Das kannst mach'n, wie du willst. Bist so wie so all'weil so eiszapf'nkalt geg'n mi. Wirst seh'n, die G'schicht' nimmt kein gut's End'.

RESL. Du bist a –[86]

LOISL hält ihr den Mund zu. Sag's lieber net, es könnt' di reu'n!

HOCHZEITLADER tritt ein; die inzwischen ausgeloosten Paare folgen ihm. Da sitzt ja d' Loni! Er geht auf den Brauttisch zu. Also Loni, 'neing'langt; du bist die Letzt'.

LONI. Na, so geh' her, daß a Ruh' is. Sie nimmt das Loos und wickelt es auf.

MUCKL steht hinter ihr und blickt über ihre Schultern; spöttisch lachend. Der Pauli!

ALLE. Was! Der Pauli? Jeh!

HOCHZEITLADER. Letztes Paar: die ehrengeachtete Jungfrau Appollonia Höflmaier mit dem tugendsamen Jüngling Paulus Lohner, Herrgottschnitzer allda!

MUCKL. Sixt es, der Pauli! Der muß dir rein von unser'm Herrgott aufg'setzt sein, weil er ihn dir sogar bei'm Loostanz bis auf d' Letzt' aufhebt.

LONI. Das is a ab'kartete G'schicht' – da thu' i net mit!

HOCHZEITLADER. Ja wär' net z'wider! Wie 's Loos fallt, so muß es g'scheh'n, das is Gott'swill'n![87]

LONI. Da hätt' unser Herrgott viel z' thun, wenn er sich um eure Dummheit'n bekümmern müßt'!

HOCHZEITLADER. Wo steckt denn der Pauli?

ALLE. He, Pauli! Pauli!

MUCKL. I werd's ihm sag'n lass'n, dem blind'n Gock'l, was ihm 's Glück für a Gerst'nkörn'l in's Maul g'steckt hat. Geh' Loisl, rühr' di, such' ihn!

LOISL. Ja, wenn er net so schwer z' find'n wär'. Diemal wenn i mein' i hab' ihn, dann hab' i ihn net und diemal wenn i mein' i hab' ihn net, dann hab' i ihn. Ab.

LONI ruft ihm nach. Mach' dir kein' Müh', er wird's noch zeitlich g'nug erfahr'n.

MUCKL lauernd. Du wirst doch net »Na« sag'n.

LONI. Was i thu', is mein Sach'!

MUCKL. Das schon; aber der Loostanz is a alter Brauch und wie sich's trifft, so muß 'tanzt werd'n.

ALLE. Ja, jawohl![88]

MUCKL. Da thät'n wir uns g'hörig auf d' Füß' stell'n, wenn du a Ausnahm' mach'n wollt'st.

LONI. I sag' net, daß i 's will; aber wenn i's wollt', könnt's ihr mi net davon abhalt'n.

ALLE. O ja! Das können wir schon.

MUCKL. Geh', plag' di net so, du Feinspinnerin. Man weiß ja doch, daß du bald Hochzeit machst mit'm Pauli!

LONI. Dumm's G'schwatz, einfältig's! Hab' i vielleicht je amal an Grund 'geb'n, daß du so daherred'n kannst?

MUCKL. Auf'm Tanzbod'n vielleicht net, aber – wer weiß – vielleicht bei der Nacht auf der Alm!

LONI aufschreiend. Muckl!

MUCKL. Deßhalb brauchst net so aufz'fahr'n, es is doch schon wie's is. In aller Früh' hab'n 's ja d' Spatz'n schon am Dach pfiff'n, daß der Pauli heut' Nacht auf der Weglalm bei dir am Kammerfenster war.

LONI. Der Pauli – an mei'm –


Quelle:
Ludwig Ganghofer und Hans Neuert: Der Herrgottschnitzer von Ammergau. Augsburg 21880, S. 84-89.
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