Vierter Auftritt

[381] Die Vorigen. Damis.


LOTTCHEN. Sie sehen sehr traurig aus, mein Herr Damis.

DAMIS. Ich habe Ursache dazu. Anstatt, daß ich glaubte, Julchen[381] heute als meine Braut zu sehen: so merke ich, daß noch ganze Jahre zu diesem Glücke nötig sind. Je mehr ich ihr von der Liebe vorsage, desto unempfindlicher wird sie. Und je mehr sie sieht, daß meine Absichten ernstlich sind, desto mehr mißfallen sie ihr. Ich Unglücklicher! Wie gut wäre es für mich, wenn ich Julchen weniger liebte!

LOTTCHEN. Lassen Sie sich ihre kleine Halsstarrigkeit lieb sein. Es ist nichts als Liebe. Eben weil sie fühlt, daß ihr Herz überwunden ist: so wendet sie noch die letzte Bemühung an, der Liebe den Sieg sauer zu machen. Wir brauchen nichts, als sie dahin zu bringen, daß sie sieht, was in ihrem Herzen vorgeht.

DAMIS. Wenn sie es aber nicht sehen will?

LOTTCHEN. Wir müssen sie überraschen und sie, ohne daß sie es vermutet, dazu nötigen. Der heutige Tag ist ja nicht notwendig Ihr Brauttag. Glückt es uns heute nicht: so wird es ein andermal glücken. Es kömmt bloß darauf an, meine Herren, ob Sie sich meinen Vorschlag wollen gefallen lassen.

SIEGMUND. Wenn ich zu des Herrn Damis Glücke etwas beitragen kann, mit Freuden.

DAMIS. Ich weiß, daß Sie beide großmütig genug dazu sind. Und mir wird nichts in der Welt zu schwer sein, das ich nicht für Julchen wagen sollte.

LOTTCHEN. Mein Herr Damis, verändern Sie die Sprache bei Julchen etwas. Fangen Sie nach und nach an, ihr in den Gedanken von der Freiheit recht zu geben. Diese Übereinstimmung wird ihr anfangs gefallen und sie sicher machen. Sie wird denken, als ob sie Ihnen deswegen erst gewogen würde, da sie es doch lange aus weit schönern Ursachen gewesen ist. Und in diesem Selbstbetruge wird sie Ihnen ihr ganzes Herz sehen lassen.

DAMIS. Wollte der Himmel, daß Ihr Rat seine Wirkung täte. Wie glücklich wollte ich mich schätzen!

LOTTCHEN zu Siegmunden. Und Sie müssen dem Herrn Damis zum Besten einen kleinen Betrug spielen und sich gegen Julchen zärtlich stellen. Dieses wird ihr Herz in Unordnung bringen. Sie wird böse auf Sie werden, und mitten in dem Zorne wird die Liebe gegen den Herrn Damis hervorbrechen. Tun Sie es auf meine Verantwortung.

SIEGMUND. Diese Rolle wird mir sehr sauer werden.[382]


Quelle:
Christian Fürchtegott Gellert: Werke, Band 1, Frankfurt a.M. 1979, S. 381-383.
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