WEISSER GESANG

[65] Dass ich für sie den weissen traum ersänne ..

Mir schien im schloss das herbe strahlen tränken

Und blasse blütenbäume nur umschränken

Dass er mit zweier kinder frühtag ränne:


Ein jedes einen schlanken strauss umschlänge

Hell-flitternd wie von leichtgeregter espe

Daraus als wimpel eine silber-trespe

Hoch über ihre schwachen stirnen schwänge


Und beide langsam kämen nach dem weiher

Auf breitem marmelstiege manchmal wankend

Bis bei dem flügelschlag der nahen reiher

Der arme sanfte bürde heftig schwankend


Duft-nebel wirbelte von kühlen narden

Mit denen die Vereinten höherem raume

Entgegenschwebend immer lichter warden –

Bald eines mit dem reinen äther-flaume.

Quelle:
Stefan George: Das Jahr der Seele. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 4, Berlin 1928, S. 65-66.
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