I

[55] Indes deine mutter dich stillt

Soll eine leidige fee

Von schatten singen und tod ·

Sie gibt dir als patengeschenk

Augen so trüb und sonder

In die sich die musen versenken.


Verächtlich wirst du blicken

Auf roher spiele gebaren ·

Vor arbeit die niedrig macht

Die grossen strengen gedanken

Dich mahnen und wahren.[55]


Wenn deine brüder klagen

Und sagen: o schmerz! den deinen

Sag ihn den winden bei nacht

Und unter der nägel waffe

Blute die kindliche brust!


Vergiss es nicht: du musst

Deine frische jugend töten ·

Auf ihrem grab allein

Wenn viele tränen es begiessen – spriessen

Unter dem einzig wunderbaren grün

Die einzigen schönen rosen.

Quelle:
Stefan George: Das Jahr der Seele. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 4, Berlin 1928, S. 55-56.
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