STANDBILDER · DAS DRITTE

[58] Wie dacht ich dich mir schön · verhüllte frau!

Von welchem zauber dass du durch jedweden

Betrübten tag hindurch noch an ein eden

Den glauben wecktest hinter berg und bau!


Hat oft das allzu träge blut gestockt

Wie wusstest du mit einem blitz die untern

Die müden kranken irren zu ermuntern!

Wie ist die macht die stets uns fürder lockt ..


Du kind bemerktest nie: was euch befahl

So fortzuschreiten sei nur not und schauer ..

Sie färbten dir die fernen hügel blauer

Und qualen löst ich meist mit frischer qual.


Da du nicht länger säumen magst so heb

Die hülle – sie wird jezt dir nicht mehr frommen ..

Nun sieh was du die jahre hin genommen

Für demant-tüpfel schimmernd durchs geweb!

Quelle:
Stefan George: Der Teppich des Lebens und die Lieder von Traum und Tod. Gesamt-Ausgabe der Werke, Band 5, Berlin 1932, S. 58-59.
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